Resistent gegen Feuerbrand
Forscher der ETH Zürich und des Julius-Kühn-Instituts in Deutschland haben erstmals einen gegen Feuerbrand resistenten Apfel hervorgebracht. Sie verpflanzten mit Hilfe der Cis-Gentechnik ein Resistenzgen aus einem Wildapfel in das Genom eines Apfels der Sorte Gala. Das Gen schützt den Baum wirksam vor der Infektion.
Obstbauern fürchten den Feuerbrand. Immer wieder flackert die Infektion auf und richtet in Apfelpflanzungen grossen Schaden an. Im Jahr 2007, dem Jahr der letzten grossen Epidemie, entstanden in der Schweiz Sch?den in der H?he von 50 Mio. Franken. 250‘000 B?ume mussten vernichtet werden. Als Gegenmittel gegen den Krankheitserreger, das Bakterium Erwinia amylovora, setzen Bauern vor allem Spritzmittel mit dem Antibiotikum Streptomycin ein – eine umstrittene Methode, um Obstb?ume und Ernten zu retten.
Forscher um den ETH-Pflanzenpathologen Cesare Gessler und vom Julius-Kühne-Institut in Deutschland stellen in der neusten Ausgabe der Fachzeitschrift ?Plant Biotechnology Journal? nun einen gentechnisch ver?nderten Apfel der beliebten Sorte Gala vor, der gegen Feuerbrand resistent ist. In einer früheren Publikation in der gleichen Zeitschrift pr?sentierten die ETH-Forscher schon eine Gala-Pflanze, die dank Einbau eines Resistenzgens aus einem Wildapfel auch gegen Schorf, eine h?ufige Pilzerkrankung, resistent ist.
Einzelnes Gen schützt genügend
Den Forscherinnen und Forschern ist es erstmals gelungen, das Gen für Feuerbrandresistenz in einem Wildapfel zu identifizieren, zu isolieren und seine Funktion als Resistenz vermittelndes Gen zu best?tigten. Das Gen tr?gt den genetischen Code für ein Protein, das ein Oberfl?chenprotein des Erregers erkennt und als Folge davon die Abwehrreaktion der befallenen Pflanze ausl?st. Dieses eine Gen reicht aus, um die Pflanze vor der Krankheit zu schützen.
Cesare Gessler und seine Mitarbeiter brauchen dazu die sogenannte Cis-Gentechnik. Cisgenen Organismen werden mit den verfügbaren biotechnologischen Methoden zus?tzliche Gene eingebaut. Diese sind jedoch nicht wie bei sogenannten transgenen Organismen artfremd. Vielmehr erhielt der Apfel nur Gene einer anderen Apfelsorte. Um zu erkennen, ob der Gentransfer erfolgreich war, wurde das Gen zwar mit weiteren, artfremden Genen markiert. Die Forscher haben es aber geschafft, diese Fremdgene nachtr?glich aus dem Genom des Gala-Apfels zu entfernen, sodass nur Wildapfel-Gene übrig bleiben.
An der Forschungsanstalt Agroscope in W?denswil und in Deutschland wurden die mit dem Feuerbrand-Resistenzgen versehenen Apfelb?ume im Gew?chshaus auf ihre Resistenzeigenschaften überprüft. Die Forscher infizierten diese Pflanzen mit Feuerbrand. Dabei zeigte sich, dass das Resistenzgen die B?ume wirksam vor einer Infektion schützte.
Entwicklung für die Abfalltonne?
Obwohl Gessler die Früchte seiner jahrelangen Forschungs- und Entwicklungsarbeit nun ernten k?nnte, glaubt er nicht, dass Obstbauern solche cisgene ?pfel jemals anpflanzen werden. Einerseits besteht in der Schweiz nach wie vor das Gentech-Moratorium, das den Anbau von gentechnisch ver?nderten Organismen (GVO) verbietet. Das betrifft auch cisgene Nutzpflanzen. ?Zudem ist die Opposition gegen GVO in der Schweiz nach wie vor zu gross?, sagt er. Und man beurteile bei der Zulassung hierzulande und in der EU im Gegensatz zu den USA nicht das einzelne Produkte, sondern die in der Züchtung verwendete Technologie. ??ndern sich weder Einstellung noch Gesetzgebung, dann wird der cisgene Gala-Apfel nie angebaut?, bilanziert der Pflanzenpathologe.
Gessler ist kein GVO-Hardliner, der um jeden Preis gentechnisch ver?nderte Nutzpflanzen durchsetzen will. ?Bei Nutzpflanzen wie der Banane, dem Maniok oder eben auch bei ?pfeln, die sich über Klone vermehren lassen, ist der Einsatz von Gentechnologie aber sinnvoll?, sagt er. Konsumenten müssten sich vor Augen führen, dass ein Gala-Apfel aus biologischem Anbau mindestens 25-mal mit Kupfer und Schwefel behandelt werde, was B?den, Luft und Grundwasser stark belaste. Der gegen Schorf und Feuerbrand resistente cisgene Gala müsse nicht so behandelt werden und sei deshalb umweltschonender als ein biologisch angebauter.
Das Resistenzgen durch herk?mmliche Züchtung einzukreuzen, daure hingegen zu lange, sagt Gessler. Die Sorte Gala müsste mit einem Wildapfel gekreuzt werden, und in den folgenden Generationen müssten die unerwünschten Eigenschaften des Wildapfels, die mit eingekreuzt werden, wieder weggezüchtet werden. Das kann viele Jahrzehnte dauern, und schlussendlich entsteht dabei eine neue Sorte.
Mehr Resistenzgene für doppelte Sicherheit
Dem baldigen Anbau cisgener Apfelb?ume steht noch eine weitere Hürde im Weg: ?Das nun eingepflanzte Gen wirkt zwar schon, der Erreger braucht allerdings nur eine Mutation, um diese Resistenz zu umgehen. Das kann sehr schnell gehen?, gibt Gessler zu bedenken. Es sei deshalb notwendig, dem cisgenen Gala-Apfel weitere Resistenzgene einzufügen, um deren Wirkung zu kumulieren. Dadurch sinkt die Wahrscheinlichkeit exponentiell, dass der Erreger den Infektionsschutz aushebelt. Erst dann k?nne daran gedacht werden, mit dem Pflanzen von cisgenen B?umen im Freiland zu beginnen. An dieser multiplen Resistenz wird die Forschungsanstalt Agroscope W?denswil weiterforschen, da Gessler im April 2014 die ETH altershalber verlassen wird.
Die Bedrohung der Obstkulturen durch Feuerbrand ist damit kurzfristig nicht gebannt. ?M?glicherweise kann diesen Frühling wieder eine Epidemie ausbrechen?, warnt Gessler. Warmes und regnerisches Wetter kurz vor der Blüte seien ideale Bedingungen, unter denen sich die Feuerbrand verursachenden Bakterien explosionsartig vermehren.
Literaturhinweis
Broggini GAL, W?hner T, Fahrentrapp J, Kost TD, Flachowsky H, Peil A, Hanke M-V, Richter K, Patocchi A & Gessler C. Engineering fire blight resistance into the apple cultivar ‘Gala’ using the FB_MR5 CC-NBS-LRR resistance gene of Malus 9 robusta 5. Plant Biotechnol. J., 2014, doi: externe Seite 10.1111/pbi.12177