Die Erde als Werkstoff (Teil 2)

Lehmhaltige Erde ist weltweit verfügbar, billig und daher ein ideales Baumaterial insbesondere für L?nder der Dritten Welt. Dort aber gilt das Material als rückst?ndig und unmodern. Dieser Ruf verhinderte bis anhin, dass lehmbasierte Bautechniken in diesen Gebieten weiterentwickelt werden und so neues Wissen entstehen kann.

Vergr?sserte Ansicht: Stampflehmkuppel
Stampflehmkuppel der Professur Annette Spiro am Departement Architektur der ETH Zürich (Bild: Professur Annette Spiro, Gian Salis)

In meinem letzten Beitrag (Teil 1) berichtete ich von der Lehmhaus-Konstruktion externe Seite SUDU sowie von den (gesetzlichen) Hürden, die derzeit eine Verbreitung in der Stadt noch verhindern. Weitaus einfacher war der Transfer der Techniken aufs Land.

SRDU – Sustainable Rural Dwelling Unit

Vergr?sserte Ansicht: SRDU-Hütte
Zwei SRDU-H?user (Sustainable Rural Dwelling Unit) in einer kleinen Gemeinde südlich von Addis Ababa. (Bild: Tiago Damasceno)

In einem Schwesterprojekt, genannt externe Seite Sustainable Rural Dwelling Unit (SRDU), welches von der Arthur Waser Stiftung in Luzern bereits seit einigen Jahren finanziert und von ETH Global mitbetreut wird, haben wir neue l?ndliche Wohnhaus-Typologien entwickelt, die erstens traditionelle Materialien aufgreifen (Lehm und Bambus), diese aber mit weiterentwickelten Techniken verarbeiten (Lehren aus dem externe Seite SUDU-Projekt). Zweitens sieht der Entwurf die Trennung von Mensch und Tier vor – ein Problem, das auf dem Land noch immer zu vielen Krankheiten führt. Zudem wurden die traditionell in mitten der Rundhütten angelegten Kochstellen durch nicht-rauchende Biogaskocher ersetzt, wobei das Gas durch die Nutzung des Tierdungs erzeugt wird. Lungenerkrankungen geh?ren bei Frauen noch immer zu den am h?ufigsten auftretenden Todesursachen im l?ndlichen ?thiopischen Raum, auch eine Folge der derzeitigen Bautypologien.

Unterstützung durch Trendsetter

Vergr?sserte Ansicht: Bambus-Flechtdach
Das Bambusflechtdach einer SRDU. (Bild: Tiago Damasceno)

Der Erfolg dieses Projektes, das mittlerweile vom ETH Future Cities Laboratory Singapore (FCL) und dem EiABC (Ethiopian Institute of Architecture, Building Construction and City Development) betrieben wird, zeigt sich in der Tatsache, dass sich zur Zeit elf sogenannte Trendsetter dazu entschlossen haben, ebenfalls ein solches Geb?ude zu errichten. Diese Trendsetter sind hoch angesehene Pers?nlichkeiten aus der Region um Wolkite, einer kleineren Siedlung 250 km südlich von Addis Ababa. Bezahlt werden diese H?user von den Bauherren selbst, wobei die Forscher des EiABC und des FCL Singapore fachliche Beratung leisten. Ebenfalls wurden im Rahmen des Forschungsprojektes neue Lehrpl?ne entwickelt, um in den Berufsschulen der Region diese natürlichen Ressourcen und deren Verarbeitung vertieft zu unterrichten und weiterzuentwickeln – eine wichtige Voraussetzung für eine Langlebigkeit des Projektes.

Lehmh?user auch in der Schweiz

Jedoch gibt es neben diesen einfachen Ans?tzen derzeit auch vielf?ltige Forschungsprojekte, die durchaus das Potenzial haben, dieses traditionelle Baumaterial neu zu entdecken und den Gebrauch innovativ und zukunftsorientiert voran zu treiben.

Alleine hierzulande wird man in n?herer Zukunft mehrere Projekte sehen k?nnen, die sich diesem Baustoff widmen. Die ETH Professoren Herzog & de Meuron haben gerade gemeinsam mit dem Architekten und Inhaber des UNESCO Chair of Earthern Architecture Martin Rauch ein neues externe Seite Geb?ude aus Lehm für die Firma Ricola errichtet. Und die Professorin Annette Spiro des Departements Architektur der ETH hat mit ihrem Team, allen voran Gian Salis, zusammen mit Martin Rauch eine externe Seite Stampflehmkuppel geschaffen, die bald am ETH-Standort H?nggerberg zu besichtigen ist. In beiden F?llen kommen neue Produktionsmethoden und Anwendungen zum Einsatz, die weit über das bisherige Verst?ndnis des Materials und dessen Verarbeitung hinausgehen und seinen Ruf als ?altbacken? g?nzlich widerlegen.

Baustein aus Wüstensand

Forschungsarbeiten gehen auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten und den USA voran, wo die Architektin Ginger Krieg Dosier komplett neue Wege geht und externe Seite Wüstensand – der normalerweise nicht für die Bauindustrie zu gebrauchen ist – mit Hilfe von Bakterien zu neuen Natursteinen wachsen oder reifen l?sst. Diese Steine versprechen h?rter als gebrannte Tonziegel zu sein und dies, ohne gefeuert zu werden. Die Forscher sprechen von einer Revolution, da sich hiermit der CO2-Ausstoss aller normalerweise ben?tigten Brennanlagen einsparen lassen würde, was immerhin der H?lfte der j?hrlich von allen Flugzeugen ausgestossenen Emissionen entspricht. All diese Ans?tze, wie utopisch sie zur Zeit auch klingen m?gen, versprechen eine Entwicklung, die nach vorne und nicht mehr zurück gerichtet ist.

Weiterführende Informationen

Mehr zum Thema: Soil Architecture

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