Wie sich Konsumenten bei Strompreisänderungen verhalten
Gesamtwirtschaftliche ?konomische Modelle, mit denen man die Wirkung von energiepolitischen Instrumenten absch?tzen kann, basieren auf vielf?ltigen Annahmen. Ein wichtiger Baustein dafür ist das Verhalten von Konsumenten bei Energiepreis?nderungen. Doch aktuelle Schweizer Literaturwerte dazu sind rar.
Im Umbau des Schweizer Energiesystems ist die Energieeffizienz ein wichtiger Standpfeiler – genauso wichtig wie erneuerbare Energien. Um einen effizienteren Umgang mit Energie zu erreichen, werden in der externe Seite Energiestrategie 2050verschiedene Massnahmen vorgeschlagen – zum Beispiel ein Handel mit weissen Zertifikaten in Kombination mit einem Reduktionsziel für Stromversorger in der ersten Etappe oder die Einführung eines Lenkungssystems statt eines F?rdersystems in einer zweiten Etappe. Um solche Politikinstrumente prüfen und genauer ausgestalten zu k?nnen, brauchen wir Informationen zu Umverteilungseffekten und den Auswirkung auf die Wohlfahrt der Schweiz. Diese Informationen kann man anhand gesamtwirtschaftlicher ?konomischer Modelle absch?tzen. Solche Modelle basieren jedoch auf einigen Annahmen, unter anderem darüber, wie sich Konsumenten verhalten, wenn sich Energiepreise ?ndern. Um derartige Annahmen zu treffen, braucht man mikro?konomische Modelle.
Die Preiselastizit?t neu sch?tzen
Strom ist neben Erd?l einer der Hauptenergietr?ger in der Schweiz, vor allem für Haushalte, welche rund einen Drittel des gesamten Energieverbrauchs verantworten. Deshalb ist es wichtig zu wissen, wie Haushalte auf eine ?nderung des Strompreises reagieren. Die sogenannte Preiselastizit?t ist hier die massgebende Gr?sse: Sie definiert, wie viel weniger Strom konsumiert wird bei einer Preiserh?hung. Ist dieses Verh?ltnis kleiner als 1:1 (eine Erh?hung des Strompreises um zehn Prozent führt zu einer Reduktion des Stromverbrauchs um weniger als zehn Prozent) spricht man von einer unelastischen Nachfrage. Die letzten Absch?tzungen – basierend auf Schweizer Haushaltsdaten – sind über 15 Jahre alt. Ein Grund für uns am Centre for Energy Policy and Economics (CEPE) die Zahlen zur Preiselastizit?t zu aktualisieren. Dazu haben wir die Haushaltsbefragungen des Verbands der Schweizerischen Elektrizit?tsunternehmen (VSE) aus den Jahren 2005 und 2011 mithilfe von ?konomisch-statistischen Modellen analysiert. Die VSE-Befragungen umfassen anonymisierte Daten von rund 2000 Haushalten und beinhalten neben dem Stromverbrauch auch detaillierte Informationen zu Ger?teausstattung, den Gebrauchsgewohnheiten und den sozio-?konomischen Gegebenheiten.
Energiedienstleistungen sind zentral
Die ?konomische Theorie der Haushaltsproduktion geht davon aus, dass der Haushalt als Stromkonsument gar nicht direkt interessiert ist an Strom, sondern an Energiedienstleistungen wie sauberer Kleidung, Unterhaltung vom Fernseher oder warmem Essen. Dazu benutzt der Haushalt Strom und verschiedene Haushaltsger?te. Die Nachfrage nach Strom ist darum eine sogenannte abgeleitete Nachfrage. Aus diesem Grund ist es wichtig, bei der Absch?tzung der Konsumentenreaktion auf eine Strompreis?nderung auch die Unterschiede in den Ger?teausstattungen und den bezogenen Energiedienstleistungen mit einzubeziehen. Dies sind zwei der methodologischen Herausforderungen, denen wir uns gestellt haben, denn in der wissenschaftlichen Literatur gibt es wenige Bemühungen in diese Richtung.
Betrachtet man die Energieeffizienztrends in Europa, so stellt man fest, dass ein Grossteil der Effizienzgewinne – erreicht durch bessere Ger?te – durch eine wachsende Ger?teausstattung wieder aufgefressen wird [1]. Deswegen haben wir mit Hilfe der Schweizerischen Agentur für Energieeffizienz (externe Seite SAFE) für jeden Haushalt einen Indikator gebildet, der alle gr?sseren Haushaltsger?te vom Kühlschrank über den W?schetrockner bis zum Elektro-Boiler aufsummiert und dabei auch die Gr?sse und das Alter dieser Ger?te mitberücksichtigt.
Und die Preiselastizit?t...?
Mit der Hilfe eines ?konometrischen Modells [2], das den Strompreis, Ger?teindikator, bezogene Energiedienstleistungen und weitere Faktoren berücksichtigt, sch?tzen wir, dass eine Erh?hung des durchschnittlichen Strompreises um zehn Prozent den Stromverbrauch um etwa fünf bis sieben Prozent reduziert. Dies zeigt zwar dass die Stromnachfrage der Schweizer Haushalte unelastisch ist, aber unsere neu gesch?tzte Nachfrage ist tendenziell elastischer im Vergleich zu den ?lteren Literaturwerten für die Schweiz. Dabei haben wir ausserdem festgestellt, dass neben dem Strompreis die Ger?teausstattung und die verschiedenen Haushaltstypen (Einfamilienhaus, Wohnung, Mieter, Besitzer, st?dtische oder l?ndliche Umgebung) einen grossen Einfluss auf den Stromkonsum haben. Dies zeigt, dass Haushalte eine grosse Heterogenit?t aufweisen und es daher wichtig ist, in ?konomischen Modellen zur Beurteilung neuer Politikinstrumente nicht nur aktuelle, sondern m?glichst auch nach Haushaltstyp aufgeschlüsselte Daten zu verwenden.
Weiterführende Informationen
[1] Quelle: Lapillonnne, B. and Pollier, K., Energy Efficiency Trends for households in the EU: externe Seite Link
[2] ?konometrie kombiniert ?konomische Theorie mit mathematischen und statistischen Methoden, um wirtschaftliche Modelle zu überprüfen und ?konomische Ph?nomene quantitativ zu analysieren.
Weitere Ergebnisse im Working Paper
Das Working Paper ist Teil des Projekts ?An Evaluation of the Impact of Energy Efficiency Policies on Residential Electricity Demand in Switzerland“, das durch das Forschungsprogramm Energie - Wirtschaft - Gesellschaft (EWG) des Bundesamtes für Energie (BFE) finanziert wird.