Direktsaat nur in trockenen Regionen von Vorteil

Wissenschaftler nahmen eine vieldiskutierte landwirtschaftliche Methode, die ?Conservation Agriculture?, genau unter die Lupe und untersuchten deren Produktivit?t. In einer grossangelegten ?bersichtsstudie zeichnen sie ein differenziertes Bild dieser bodenschonenden Anbaumethode: Hohe Ertr?ge lassen sich damit nur in trockenen Regionen erzielen.

Conservation Agriculture
Auch in der Subsistenzlandwirtschaft in Entwicklungsl?ndern, wie hier in Malawi, wird Conservation Agriculture betrieben – allerdings in Handarbeit. (Foto: Johan Six / ETH Zürich)

W?hrend Schweizer Bauern ihre ?cker in der Regel pflügen, bevor sie eine neue Feldfrucht s?en, verzichtet ein grosser Teil ihrer südamerikanischen Kollegen darauf. Stattdessen pflegen diese Landwirte die sogenannte Direktsaat: Sie lassen die Stoppeln der Vorkultur auf dem Feld stehen, ziehen mit einer speziellen Maschine Schlitze in den Boden, in welche die Maschine im selben Arbeitsschritt die nachfolgende Frucht s?t. Die Direktsaat ist Teil einer Anbaumethode, die auf Englisch als ?Conservation Agriculture? bezeichnet wird. Weil damit auf das Pflügen verzichtet werden kann, gilt die Conservation Agriculture gegenüber der herk?mmlichen Anbaupraxis als zeit- und kosteneffizienter. Umstritten ist allerdings, wie es auf der Ertragsseite aussieht. Einige frühere Studien zeigten, dass die Conservation Agriculture zu geringeren Ertr?gen pro Fl?che führt.

Ein internationales Team von Forschern unter der Leitung der University of California in Davis und mit Beteiligung von ETH-Wissenschaftlern untersuchte nun die Ertr?ge der Conservation Agriculture in einer grossangelegten ?bersichtsstudie. Die Wissenschaftler analysierten dazu die Daten von mehreren hundert Feldversuchen anhand der wissenschaftlichen Literatur.

Ertragssteigerung in trockenen Regionen

Sie kommen zum Schluss, dass die Conservation Agriculture in feuchten Klimaregionen, wo genügend Niederschl?ge fallen, tats?chlich zu tieferen Ertr?gen führt. Die Ertr?ge sind gegenüber der konventionellen Landwirtschaft durchschnittlich sechs bis neun Prozent tiefer. Anders sieht es in trockenen Gegenden aus: Werden alle Massnahmen der Conservation Agriculture konsequent umgesetzt, kann sogar mit einer Ertragssteigerung von durchschnittlich sieben Prozent gerechnet werden.

Zu diesen Massnahmen geh?ren neben dem Verzicht auf das Pflügen auch das Stehenlassen der Stoppeln der Vorkultur sowie das Bebauen eines Feldes mit unterschiedlichen Nutzpflanzen in zeitlicher Abfolge, also Fruchtfolge statt Monokultur.

Weniger Erosion, mehr Bodenfeuchtigkeit

Ein grosser Vorteil der Conservation Agriculture ist, dass ein Acker damit weniger anf?llig ist für Erosion. Diese ist insbesondere in Regionen mit Starkniederschl?gen ein Problem. Starkniederschl?ge greifen einen umgepflügten Acker ohne Pflanzenbewuchs viel st?rker an als einen, auf dem die Stoppeln der Vorkultur stehen gelassen wurden. B?den, auf denen die Pflanzenreste stehen gelassen werden, k?nnen ausserdem mehr Feuchtigkeit speichern. Bei Direktsaat müssen Bauern w?hrend Trockenperioden weniger bew?ssern.

Allerdings gibt es auch Nachteile: Beim Pflügen wird Unkraut untergepflügt. Wird darauf verzichtet, müssen die Landwirte mehr Herbizide einsetzen. Zudem sind bei der Direktsaat Sch?dlinge wie Schnecken h?ufiger und müssen unter Umst?nden mit chemischen Mitteln bek?mpft werden.

Nachteil bei Verfütterung der Vegetationsreste

Wie die Analyse der Forschenden ergeben hat, sind die drei genannten Komponenten zentral für die Produktivit?t der Conservation Agriculture. ?In Afrika lassen Bauern vielerorts ihre Nutztiere auf die ?cker, damit sie die Erntereste fressen k?nnen?, sagt Johan Six, Professor für nachhaltige Agrar?kosysteme, Mitglied des World Food System Center der ETH Zürich und Mitautor der Studie. Dies senkt in trockenen Regionen den Ertrag von Conservation Agriculture auf das Niveau von konventionellen Anbaumethoden.

?Die Vegetationsreste sind besonders wichtig, damit die Feuchtigkeit nicht verdunstet, sondern im Boden bleibt. Den h?heren Ertrag der Conservation Agriculture in trockenen Regionen führen wir auf diesen Verdunstungsschutz zurück?, so Six. Wo die Vegetationsreste in trockenen Gebieten nicht stehengelassen würden, falle ein wichtiger Vorteil der Conservation Agriculture weg.

Verzichten Bauern neben dem Stehenlassen der Reste auch auf den Fruchtwechsel, sinkt der Ertrag bei Direktsaat sowohl in trockenen als auch in feuchten Regionen gegenüber konventionellen Anbaumethoden um zehn Prozent oder mehr. ?Zu einem Grossteil hat das damit zu tun, dass der Druck von Pflanzenkrankheiten und Sch?dlingen in Monokulturen viel gr?sser ist als in Fruchtfolgen?, sagt Juhwan Lee, Postdoc in der Gruppe von Six.

Zuviel Feuchte in feuchten Regionen

Warum führt die Conservation Agriculture in feuchten und trockenen Regionen, wie beispielsweise im n?rdlichen Europa, zu tieferen Ertr?gen als die konventionelle Landwirtschaft? Six erkl?rt sich das vor allem damit, dass dort der Boden zu viel Feuchtigkeit speichert, die Felder weniger gut mit Maschinen bestellt werden k?nnen und deshalb die Wachstumsperiode zu kurz ist, um hohe Ertr?ge zu erzielen.

Conservation Agriculture wird vor allem in Nord- und Südamerika betrieben. Die absolut gesehen gr?ssten Landwirtschaftsfl?chen, die nach deren Prinzipien angebaut werden, liegen in den USA. Ein Fünftel der Ackerfl?che wird dort so bestellt. In Brasilien ist es mehr als die H?lfte. In Europa ist die Direktsaat weniger stark verbreitet, am st?rksten noch in Spanien, dort auf rund einem Zehntel der Landwirtschaftsfl?che.

Literaturhinweis

Pittelkow CM, Liang X, Linquist BA, van Groenigen KJ, Lee J, Lundy ME, van Gestel N, Six J, Venterea RT, van Kessel C: Productivity limits and potential of the principles of conservation agriculture. Nature, Online-Publikation vom 22. Oktober 2014, doi: externe Seite 10.1038/nature13809

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