Hitzetage zu mehr als der Hälfte wegen des Klimawandels
Sintflutartiger Regen und gleissende Hitze dienten schon in den ?ltesten Schriftstücken als Drohkulisse für die Menschheit und waren immer Teil des Klimas. Die heutigen W?rme- und Niederschlagsextreme sind allerdings zu einem substanziellen Teil auf die menschengemachte Erw?rmung zurückzuführen.
Wetterextreme sind Teil des chaotischen Wettergeschehens und entstehen aus einem komplexen Zusammenspiel vieler Faktoren. Werden diese Wetterkapriolen im Laufe des Klimawandels h?ufiger? Ja und nein. Es w?re falsch, aus der Tatsache, dass es schon früher Wetterextreme gab, zu schliessen, der Klimawandel habe keinen Einfluss auf deren H?ufigkeit. Klar ist aber auch, dass die oft mit ?Global Weirding? bezeichnete Idee, wonach alle Wetterph?nomene extremer werden, zu kurz greift. Denn es ist wissenschaftlich nicht erwiesen, ob tats?chlich alle Wetterextreme wie Hagel, Stürme und Tornados zunehmen.
Weil Extreme selten sind, ist eine lokale ?nderung ihrer H?ufigkeit statistisch schwer nachzuweisen. Werden aber die Daten aller Messstationen weltweit zusammengefasst, zeichnet sich ein deutliches Bild ab: Seit den 1950er Jahren gibt es einen weltweiten Trend zu mehr und intensiveren Hitzeextremen. Ausserdem nahmen Starkniederschl?ge an deutlich mehr Stationen zu als ab.
Der gezinkte Würfel
Im Anschluss an den europ?ischen Hitzesommer 2003 kamen Wissenschaftler zum Schluss, dass Hitzeperioden dieser Art auch ohne menschgemachten Klimawandel auftreten k?nnen, dass aber die Erw?rmung die Wahrscheinlichkeit eines solchen Hitzesommers in Mitteleuropa mehr als verdoppelt hat. Folglich haben diese Wissenschaftler mehr als die H?lfte der Eintretenswahrscheinlichkeit des Hitzesommers im Jahre 2003 der menschgemachten Erw?rmung zugeordnet. Wie beim Falschspieler, der mit einem gezinkten Würfel h?ufiger Sechsen würfelt, hat auch die Erw?rmung die Wahrscheinlichkeit des Hitzesommers erh?ht.
Statt nach dem menschgemachten Anteil der Eintretenswahrscheinlichkeit für einen einzelnen Hitzesommer kann man sich auch fragen, welcher Anteil aller weltweit auftretenden Hitze- oder Niederschlagsextreme der Erw?rmung zuzuschreiben ist. Dieser Frage gehen wir in einer Studie nach, welche wir jüngst in der Fachzeitschrift ?Nature Climate Change? publizierten [1]. Wir zeigen darin, dass schon heute mehr als die H?lfte der weltweit auftretenden Hitzeextreme und knapp ein Fünftel der Niederschlagsextreme auf die Erw?rmung zurückzuführen sind. Kein einziges dieser Ereignisse ist ausschliesslich die direkte Folge der Erw?rmung, aber die menschgemachte Erw?rmung erh?ht ihre H?ufigkeit. Und je seltener und extremer ein Hitze- oder Starkniederschlagsextrem, desto h?her ist der menschgemachte Anteil.
1,5 oder 2 Grad Erw?rmung – grosser Unterschied
Mit jeder weiteren Erw?rmung werden die weltweit auftretenden Hitze- und Starkniederschlagsereignisse rasch h?ufiger. Bei 2 Grad Celsius globaler Erw?rmung erwarten wir weltweit doppelt so viele Hitzeextreme wie bei 1,5 Grad. Diese Ziele, welche an Klimaverhandlungen diskutiert werden, und die sich auf den ersten Blick wenig unterscheiden, haben also grossen Einfluss auf die H?ufigkeit von Extremen.
Wir quantifizierten die Hitze- und Niederschlagsextreme mit Klimamodellen. Es ist bekannt, dass letztere auch Schw?chen haben, etwa in der Simulation von blockierten Hochdrucklagen. Ausserdem werden in den Modellen kleinr?umige Prozesse wie Konvektionsstr?me – ein Beispiel dafür ist der vertikale Lufttransport bei Gewittern – nicht physikalisch berechnet, sondern bloss über eine N?herung berücksichtigt. Für die letzten Jahrzehnte, für welche viele Beobachtungen verfügbar sind, stimmen die Modelle aber gut mit den Messungen überein.
Weit schwieriger sind vergleichbare Aussagen allerdings für Extremereignisse wie Hagelereignisse oder Tornados. Zu diesen Ereignissen gibt es zahlreiche Studien, die dem Klimawandel keinen Einfluss beimessen. Allerdings ist es statistisch deutlich schwieriger, einen externen Einfluss auszuschliessen als zu best?tigen. Viele kleinr?umige Wetterextreme, wie zum Beispiel Hagel, fallen zudem buchst?blich durch die Maschengr?sse der Klimamodelle und der Beobachtungsnetze.
Grundlage für umfassende Risikobewertung
Ein substantieller Anteil der weltweit auftretenden Hitze- und Niederschlagsextreme kann also heute schon der menschgemachten Erw?rmung zugeschrieben werden. Weil ein Hitze- oder Niederschlagsereignis nicht überall auf der Welt die gleichen sozio?konomischen Auswirkungen hat, müsste man für eine umfassende Risikobewertung unseren Ansatz mit regionalen Informationen zu Exposition und Verwundbarkeit kombinieren. Eine solche Risikobewertung k?nnte als wichtige Grundlage für Entscheidungen zu Erw?rmungszielen oder sogar für globale Haftbarkeitsfragen dienen.
Weiterführende Informationen
[1] Fischer EM, Knutti R: Anthropogenic contribution to global occurrence of heavy-precipitation and high-temperature extremes, Nature Climate Change, 27 April 2015, doi: externe Seite 10.1038/nclimate2617