Handel mit invasiven Pflanzen blüht

Goldrute, Dr¨¹siges Springkraut, Chinesische Hanfpalme: Drei Pflanzen, ein Problem. Diese Arten wurden einst von anderen Kontinenten als Garten- oder Zierpflanzen in die Schweiz eingef¨¹hrt. Sie verwilderten und bedr?ngen nun die einheimische Flora.

Das passiert nicht nur in der Schweiz. Biologische Invasionen finden t?glich auf allen Kontinenten statt. Eine Hauptquelle daf¨¹r ist der weltweite Handel, der sich zunehmend ins Internet verlagert und beispielsweise ¨¹ber Auktionsplattformen wie Ebay abgewickelt wird. Dadurch ist es m?glich, mit einem Klick potenziell invasive Pflanzen von Kontinent zu Kontinent zu verbreiten und so ungewollt biologischen Invasionen Vorschub zu leisten.

Online-Auktionen ¨¹berwacht

Um das Ausmass des globalen Handels mit invasiven Pflanzenarten auf Internethandelsportalen absch?tzen zu k?nnen, ¨¹berwachte eine Gruppe von Forscherinnen und Forschern der ETH Z¨¹rich unter der Leitung von Christoph K¨¹ffer, Privatdozent am Institut f¨¹r Integrative Biologie, den Online-Handel mit rund zwei Dritteln der globalen Flora auf Ebay und neun weiteren Internethandels-Plattformen.

Mit Hilfe einer eigens f¨¹r diese Studie programmierten Software verfolgten eine Forscherin und drei Forscher 50 Tage lang, welche Pflanzenarten in verschiedenen L?ndern wie oft zum Kauf angeboten wurden. Verschiedene Listen von invasiven Pflanzen, unter anderem der Weltnaturschutzorganisation (International Union for the Conservation of Nature, IUCN), gab den Forschenden dar¨¹ber Auskunft, ob die angebotenen Pflanzen irgendwo auf der Welt als invasiv eingestuft werden.

Das Programm, das die Verkaufsplattformen automatisch durchsuchte, wurde von Luc Humair vom ETH-Departement Informatik und Fabian Kuhn, einem ETH-Alumnus, der heute an der Universit?t Freiburg im Breisgau forscht, geschrieben. Die Daten, welche die Forschenden von Ebay verwendeten, stammten ausschliesslich von ?ffentlich zug?nglichen Angeboten. ?Ebay hat ein Interesse daran, die Angebote auch f¨¹r Computer-Programme, welche systematisch und autonom Inhalte im Internet suchen und analysieren, zug?nglich zu machen?, sagt Luc Humair. Dies habe ihnen das Angebots-Monitoring erm?glicht.

Damit konnten die Forschenden allerdings nur die Angebotsseite nachverfolgen, nicht jedoch, ob sich K?ufer und Verk?ufer handelseinig geworden waren und in welche geografischen Grossregionen die Pflanzen verschickt wurden. ?Nat¨¹rlich w?re es interessant, auch den Bestimmungsort in ein solches Monitoring einzubeziehen?, sagt Luc Humair. Diese Daten seien jedoch pers?nlich und k?nnten nur in Zusammenarbeit mit Ebay oder den anderen Anbietern erhoben werden.

Grosses potenzielles Handelsvolumen

Was dieses Programm trotz dieser Einschr?nkung aufdeckte, ¨¹berraschte die Erstautorin der Studie, Franziska Humair: ?Das Ausmass des weltweiten Handels mit Pflanzen, die bekanntermassen in anderen Regionen invasiv sind, h?tten wir nicht erwartet?, sagt die ehemalige ETH-Doktorandin. Die Studie wurde soeben in der Fachzeitschrift ?Conservation Biology? ver?ffentlicht.

In den 50 Tagen ihres Monitorings fanden die Forscherin und die Forscher auf Ebay 2625 verschiedene Pflanzenarten, die zum Verkauf angeboten wurden. Das entspricht rund 1,4 Prozent der von ihnen untersuchten Samenpflanzen. Von 510 der gefundenen weiss man, dass sie in irgendeiner Region der Welt invasiv sind. Davon sind wiederum 35 unter den von der Weltnaturschutzorganisation IUCN als 100 Top-Invasoren benannten Arten.

Invasive Arten h?ufig im Angebot

Die am h?ufigsten angebotene invasive Pflanze ist die Passionsblume Passiflora edulis. Rund 90 Mal pro Tag taucht diese Art in Angeboten von H?ndlern aus 17 L?ndern und f¨¹nf geografischen Grossregionen auf. Diese Passionsblume ist in den Tropen stark invasiv. Am zweith?ufigsten zum Kauf angeboten wird die Kornblume Centaurea cyanus, die durchschnittlich ¨¹ber 80 Mal t?glich zum Verkauf steht. Sie gilt in gewissen Gebieten der USA als invasiv. Die H?ndler dieser Art haben ihren Sitz in 10 L?ndern in f¨¹nf Regionen. Am h?ufigsten im Angebot steht indessen eine Art, die urspr¨¹nglich in Steppen Afrikas und Arabiens heimisch ist, in anderen Regionen jedoch bisher nicht invasiv wurde. Durchschnittlich ¨¹ber 3100 Mal pro Tag suchen H?ndler aus 12 L?ndern f¨¹r die W¨¹stenrose Adenium obesum nach Abnehmern.

Die in der Studie entdeckten Anbieter von Pflanzen waren in 65 L?ndern ans?ssig. Angebote f¨¹r invasive Arten stammen aus 55 dieser L?nder, darunter auch Australien. Dort ans?ssige H?ndler offerieren im grossen Stil invasive Pflanzen, die in anderen Weltregionen Schaden anrichten k?nnen. ?Man kann sich dar¨¹ber wundern, denn die Australier lassen keine fremde Pflanze ins Land. Handkehrum gibt es offenbar keine Kontrolle dar¨¹ber, ob potenziell sch?dliche Pflanzen den f¨¹nften Kontinent verlassen?, findet K¨¹ffer.

Die Zahl der gehandelten Arten und damit auch der potenziell Invasiven d¨¹rfte die in dieser Studie ermittelte Anzahl sogar noch ¨¹bersteigen, sch?tzt der Senior Scientist. Die Forschenden haben die Auktionen nur gerade 50 Tage lang ¨¹berwacht, jeden Tag seien bis zum Ende der Versuchsperiode neue Arten in den Angeboten aufgetaucht. Ausserdem haben die Forscher in ihrer Software nur die wissenschaftlichen Artnamen als Suchraster hinterlegt. Pflanzen, welche die H?ndler unter deren popul?ren Namen auff¨¹hrten, wurden durch die Websuche nicht erfasst.

Keine Spielregeln im Web

?Auf den Punkt gebracht: Die grosse Mehrheit der invasiven Arten ist ?usserst einfach per Mausklick zu erhalten?, sagt Franziska Humair. Spielregeln f¨¹r den Handel seien selten oder w¨¹rden lasch gehandhabt. Auch sei es f¨¹r H?ndler kaum m?glich, die verschiedenen Gesetze und Regeln betreffend invasiver Arten, die in den entsprechenden L?ndern gelten, zu kennen. Anscheinend kann denn auch niemand den Internet-Handel mit bekanntermassen gef?hrlichen Arten eind?mmen.

Auch droht neue Gefahr, da dank dem Internet Regionen an die Handelsstr?me angeschlossen werden, die bis anhin keinen Zugang hatten. ?Auf unserer Landkarte erscheint nun auch S¨¹dafrika. Ob die Pflanzen, die aus dieser Ecke auf den Weltmarkt dr?ngen, das Zeug zu invasiven Arten haben, wissen wir noch gar nicht?, betont K¨¹ffer. Es sei gut m?glich, dass auch davon einige in anderen Regionen invasiv werden k?nnten.

?Invasionen k?nnen nur einged?mmt werden, wenn wir den Handel mit potenziellen Invasoren eingrenzen k?nnen?, so der ETH-Wissenschaftler. Die Studie zeigt, dass ein Dauermonitoring von Handelsplattformen im Prinzip m?glich ist, um neu gehandelte Arten aufzusp¨¹ren, was einen Hinweis auf k¨¹nftige Invasionen geben kann. Bereits heute gibt es in vielen L?ndern Regelwerke mit dem Ziel, das Ausbringen von invasiven Arten zu beschr?nken. In der Schweiz beispielsweise gibt es dazu eine spezielle Freisetzungsverordnung; die EU-L?nder sind daran, eine Liste der Arten zusammenzustellen, die EU-weit bedeutende Invasoren sind. ?Der bl¨¹hende Online-Handel macht die Bem¨¹hungen von Beh?rden oder verantwortungsbewussten Grossg?rtnereien, ihr Angebot anzupassen, noch dringlicher?, sch?tzt K¨¹ffer.