Aus Erdgas das Maximum herausholen
ETH-Wissenschaftler haben einen neuen Katalysator gefunden, mit dem Erdgasbestandteile einfach in einen Ausgangsstoff für komplexe chemische Verbindungen wie Polymere und Medikamente sowie für Treibstoffe überführt werden k?nnen. Der neue Katalysator ist ?usserst stabil, und es bilden sich damit weniger unerwünschte Nebenprodukte.
Erdgas als Rohstoff für Chemikalien zu nutzen, ist ein intensiv verfolgtes Ziel der chemischen Forschung. Wissenschaftlern unter der Leitung von Javier Pérez-Ramírez, Professor für Katalyse-Engineering, ist es nun gelungen, ein Vorgehen zu optimieren, mit dem Erdgasbestandteile in h?herwertige Chemikalien überführt werden k?nnen. ?Wir ersetzen bei einem Molekül des Erdgasbestandteils Methan (CH4) ein Wasserstoff-Atom durch ein Brom-Atom, wodurch Brommethan (CH3Br) entsteht?, erkl?rt Pérez-Ramírez. ?Dieses kann die chemische Industrie als Ausgangsstoff zur Produktion von Treibstoffen und einer Reihe von Chemikalien wie Polymeren und Medikamenten verwenden.?
Interne Bromrückführung
Wenn das Brommethan in Treibstoffe und Chemikalien verwandelt wird, wird Brom in Form von Bromwasserstoff (HBr) freigesetzt. ?Das Sch?ne an unserer Reaktion ist, dass sie das Brom von Bromwasserstoff mithilfe von Sauerstoff wieder in Brommethan einbauen kann. Der Brom-Zyklus ist geschlossen, kein Brom geht dabei verloren?, sagt Pérez-Ramírez.
Bereits heute ist die Oxybromierung von Methan, wie die Reaktion genannt wird, mithilfe von Katalysatoren (Reaktionsbeschleunigern) m?glich. Allerdings entstehen dabei oft grosse Mengen an unerwünschten Nebenprodukten. Die ETH-Katalysespezialisten suchten daher nach einem Weg, die Selektivit?t der Reaktion zu erh?hen. In einem mehrstufigen Auswahlverfahren verglichen sie eine Vielzahl verschiedener Katalysatormaterialien. Vanadiumphosphat erwies sich dabei als das geeignetste.
Einfacher als via Synthesegas
Vanadiumphosphat ist ein verh?ltnism?ssig milder Oxidationskatalysator, und das ist genau das, was sich die Chemiker für die Oxybromierung von Methan wünschen. Einerseits ist der Katalysator ausreichend stark, sodass Bromwasserstoff an seiner Oberfl?che mit Sauerstoff reagieren kann. Andererseits ist die katalytische Wirkung von Vanadiumphosphat zu schwach als dass es unerwünscht Methan und die bromierten Reaktionsprodukte oxidieren würde.
?Unsere Methode erlaubt es, die Oxybromierung von Methan in einem einzigen Schritt und bei Umgebungsdruck sowie Temperaturen unter 500 Grad Celsius durchzuführen. Dies macht sie auch interessant für die Industrie?, sagt Vladimir Paunovi?, Doktorand in der Gruppe von Pérez-Ramírez. Um Methan in h?here Chemikalien zu überführen, verwendet die Industrie derzeit eine indirekte Methode mit Synthesegas als Zwischenprodukt. Diese Methode ist jedoch ?usserst energieintensiv und findet bei hohen Drücken (bis zu 30 bar) und hohen Temperaturen (bis zu 1000 Grad) statt.
Weniger korrosionsanf?llig
Der neue Katalysator ist ausserdem stabiler und langlebiger als die bisherigen. ?Brom ist ein Halogen. Einerseits reagieren Halogene sehr leicht mit dem Ausgangsstoff, was hier gewünscht ist. Andererseits greifen sie jedoch den Katalysator an?, erkl?rt ETH-Doktorand Paunovi?. ?Unser Katalysator widersteht der Korrosion durch Halogene viel besser als bisherige, weshalb er l?nger verwendet werden kann.?
Das Bestreben der chemischen Forschung, Erdgas vermehrt als Rohstoff für die Synthese zu nutzen, hat vor allem damit zu tun, dass es in grossen Mengen vorkommt. ?Derzeit herrscht ein Boom in der Suche nach Erdgas. Z?hlt man unkonventionelle, schwieriger erreichbare Lagerst?tten wie Schiefergas oder Kohlefl?zgas dazu, reichen die Gasvorkommen Sch?tzungen zufolge für mindestens 100 Jahre?, sagt ETH-Professor Pérez-Ramírez. Heute dient meist Erd?l als Rohstoff für chemische Produkte. Dessen Vorkommen nehmen jedoch ab. In Erdgas sehen Chemiker eine geeignete Alternative.
Literaturhinweis
Paunovi? V, Zichittella G, Moser M, Amrute AP, Pérez-Ramírez J: Catalyst design for natural-gas upgrading through oxybromination chemistry. Nature Chemistry, 23. Mai 2016, doi: externe Seite 10.1038/nchem.2522