Deuteron kleiner als angenommen

Ein Deuteron ist ein sehr einfacher Atomkern. Er besteht nur aus einem Proton und einem Neutron, also je einem der beiden Bausteine von Atomkernen. Eine internationale Kooperation von Forschenden hat am Paul Scherrer Institut PSI das Deuteron genauer vermessen als je zuvor. Der Radius des Deuterons, den sie erhielten, deckt sich jedoch nicht mit den Werten anderer Forschungsgruppen, sondern ist deutlich kleiner.

Trotz dieses Widerspruchs gibt es auch eine ?bereinstimmung: Bereits 2010 hatte die gleiche Forschungsgruppe mit derselben Methode einzelne Protonen vermessen, und auch damals zeigte sich: Das Proton ist kleiner als angenommen. Eine weitere Auswertung von externe Seite Protonen-Daten aus dem PSI best?tigte im Jahr 2013 den erhaltenen Wert.

Nun ist also auch das Deuteron kleiner als erwartet. ?Dass unsere Methode, die Laserspektroskopie, fehlerhaft ist, glaubt inzwischen niemand mehr aus der Community?, stellt Aldo Antognini, Teilchenphysiker der ETH Z¨¹rich und des Paul Scherrer Instituts (externe Seite PSI), klar. Und sein Forschungspartner Randolf Pohl, der inzwischen an der Universit?t Mainz forscht, erg?nzt: ?Nachdem 2010 unsere erste Studie herausgekommen war, f¨¹rchtete ich, dass uns jemand auf einen groben Schnitzer hinweisen w¨¹rde. Aber die Jahre sind vergangen und bis heute ist nichts dergleichen passiert. Und nun best?tigt auch die neue Studie ¨C die Vermessung des Deuterons ¨C das R?tsel um den Protonradius?.

Neben den Wissenschaftlern am PSI waren massgeblich Forschende der ETH Z¨¹rich, des Max Planck Instituts f¨¹r Quantenoptik (Deutschland), Forschende in Paris, Coimbra (Portugal), Stuttgart, Fribourg (Schweiz) und Hsinchu (Taiwan) an der Studie beteiligt.

Neue Experimente angeregt

Das neue Forschungsergebnis kann bei der Suche nach der Wahrheit dienen. ?Nat¨¹rlich kann es nicht sein, dass das Deuteron ¨C genauso wenig wie das Proton ¨C zwei verschiedene Gr?ssen hat?, betont Antognini. Die Wissenschaftler suchen deshalb nach Erkl?rungen, um die unterschiedlichen Werte wieder miteinander in Einklang zu bringen.

Eine m?gliche Erkl?rung ist, dass eine bislang unbekannte physikalische Kraft am Werk ist. Das ist f¨¹r die Wissenschaftler ein aufregendes Szenario, es ist jedoch sehr unwahrscheinlich. Die naheliegendere Erkl?rung ist eine experimentelle Ungenauigkeit. ?Tats?chlich liesse sich das R?tsel leicht l?sen, wenn wir von einem minimalen experimentellen Problem bei der Wasserstoffspektroskopie ausgehen?, erkl?rt Antognini. Auf dieser Methode basiert ein Teil der fr¨¹heren Messungen sowohl der Proton- als auch der Deuterongr?sse.

Eine weitere Methode zur Bestimmung der Proton- und Deuterongr?sse nutzt Elektronenstreuung. Die Deuterongr?sse, die anhand der Elektronenstreuung gemessen wurde, ist tats?chlich vereinbar mit dem neuen Wert der PSI-Forschungsgruppe, ist jedoch vergleichsweise ungenau.

Um das R?tsel des Protonradius¡® zu knacken, haben mehrere Forschungsgruppen, die Wasserstoffspektroskopie oder Elektronenstreuung nutzen, vor Jahren ihre Experimente aufger¨¹stet, um die Genauigkeit zu verbessern. Darauf sind Antognini und Pohl stolz: ?H?tte unser Wert mit den vorherigen ¨¹bereingestimmt, h?tte es zwar nicht dieses R?tsel um den Protonradius gegeben; aber es h?tte auch niemals diese Welle gegeben, die mittlerweile weltweit zu mehreren hochgenauen Messaufbauten gef¨¹hrt hat?, sagt Pohl. Aktuell sind Forschungsgruppen in M¨¹nchen, Paris und Toronto dabei, genauere Werte via Wasserstoffspektroskopie zu ermitteln. Deren Ergebnisse werden f¨¹r die kommenden Jahre erwartet.

Anpassung der Rydberg-Konstante?

Stellt sich heraus, dass die Wasserstoffspektroskopie einen minimal verschobenen Wert liefert, so w¨¹rde das bedeuten, dass die Rydberg-Konstante ge?ndert werden muss, erkl?rt Antognini. Die Rydberg-Konstante und der Protonradius sind eng gekoppelte Gr?ssen. Auch ist die Rydberg-Konstante unter allen physikalischen Konstanten diejenige, die bislang mit der h?chsten Genauigkeit bestimmt wurde: Selbst ihre elfte Nachkommastelle ist bekannt. Dennoch k?nnte sich dank des R?tsels um den Protonradius an den letzten Stellen hinter dem Komma noch etwas ?ndern. Das h?tte f¨¹r viele Bereiche der Physik Konsequenzen und w¨¹rde zu Korrekturen weiterer Naturkonstanten f¨¹hren.

Weltweit leistungsst?rkste Myonenquelle

Am PSI bestimmten die Forschenden die Gr?sse des Deuterons, indem sie zun?chst k¨¹nstliche Atome herstellten: myonisches Deuterium. Diese Atome haben als Kern ein Deuteron, das von einem Myon umkreist wird.

Die Myonenquelle des PSI ist die weltweit leistungsst?rkste ihrer Art. Dank ihr war es m?glich, rund 300 Myonen pro Sekunde in die Experimentierkammer zu schleusen. Dort trafen sie auf gasf?rmiges Deuterium, schleuderten dessen Elektronen heraus und nahmen deren Platz ein. Das Ergebnis waren Atome von myonischem Deuterium.

Myonen sind negativ geladene Elementarteilchen. Sie ?hneln Elektronen, sind jedoch rund 200 Mal schwerer als diese. Durch diese h?here Masse bewegen sich die Myonen viel n?her am Atomkern und die Eigenschaften ihrer Bahnen h?ngen st?rker von der Gr?sse dieses Kerns ab.

Dieser Text basiert auf einer externe Seite Medienmitteilung des Paul Scherrer Instituts.