Kleine Eiszeit verschob Regengürtel
Bereits kleine ?nderungen der globalen Temperatur k?nnen dazu führen, dass sich der tropische Regengürtel verschiebt. Wie dies auch das Klima bei uns ver?ndert, zeigt ein Team von Forschern der ETH Zürich und weiterer Universit?ten.
Der tropische Regengürtel, auch als innertropische Konvergenzzone bekannt, ist auf steter Wanderschaft. Er ?ndert der Jahreszeit entsprechend st?ndig seine Position und folgt leicht zeitverz?gert dem H?chststand der Sonne. Dadurch wechseln sich in den Tropen und Subtropen im Jahresverlauf Regen- und Trockenzeiten ab – der tropische Regengürtel beherrscht so das Klima eines Grossteils der Tropen und Subtropen, zum Beispiel durch den Monsun in Südostasien und in Mittelamerika.
Ein internationales Team von Forschenden unter der Leitung von Franziska Lechleitner vom Geologischen Institut der ETH Zürich weist nun erstmals nach, dass das Auf und Ab des tropischen Regengürtels ziemlich empfindlich auf geringe ?nderungen der globalen Temperaturen reagiert. Das berichten die Forschenden in der Fachzeitschrift ?Scientific Reports?, wo sie die bislang umfassendste Rekonstruktion von Regenf?llen innerhalb der innertropischen Konvergenzzone für die letzten 2000 Jahre vorlegen.
Global tiefere Temperaturen
Bisher untersuchten Wissenschaftler die Verschiebungen des tropischen Regengürtels nur über sehr lange Zeitr?ume, wie mehrere Zehntausend Jahre dauernde Zyklen von Eis- und Warmzeiten, mit entsprechend grossen Temperaturunterschieden von mehreren Graden. Bisherige Rekonstruktionen wurden nur regional durchgeführt. ?Noch nie haben Forschende jedoch die letzten 2000 Jahre, in denen die Temperaturschwankungen viel geringer sind, global unter die Lupe genommen?, sagt die Klimageologin.
Die ETH-Forscherin und ihre Kollegen haben nun nachweisen k?nnen, dass sich das tropische Wettersystem w?hrend der Kleinen Eiszeit von 1450 bis 1850 deutlich nach Süden verschoben hatte. ?Diese Verschiebung h?ngt mit global tieferen Temperaturen in dieser Zeit zusammen?, erl?utert Lechleitner.
So zeigen bisherige Klimarekonstruktionen, dass die Durchschnittstemperaturen in dieser Zeitspanne rund 0,4 Grad Celsius tiefer lagen als vor und nach der Kleinen Eiszeit. Die Positions?nderung des tropischen Regengürtels ver?nderte auch das Klima der Tropen und der Subtropen w?hrend dieser Zeit erheblich: Sie beeinflusste, wo es zu Dürren und Starkniederschl?ge kam.
Kopplung an das europ?ische Wettersystem
Die Forschenden fanden zudem heraus, dass das Klima des tropischen Regengürtels und dasjenige der gem?ssigten Breiten gekoppelt sind, und zwar über die sogenannte Nordatlantische Oszillation (NAO). Diese bestimmt das Wetter West- und Mitteleuropas und beschreibt die Schwankungen des Druckverh?ltnisses zwischen dem Islandtief und dem Azorenhoch über dem Nordatlantik. Definiert ist die NAO als Zahl. Ist diese positiv, ist sowohl das Islandtief als auch das Azorenhoch stark ausgepr?gt. Das führt in Mitteleuropa meist zu feuchtem Wetter und starken Westwinden, im Extremfall zu Winterstürmen und Orkanen wie Lothar.
Sind das Tief und das Hoch hingegen nur schwach ausgebildet, ist die Zahl negativ. Die Westwinde ?schlafen ein? und verlagern sich südw?rts. Dadurch wird das Wetter im Mittelmeergebiet feuchter. Mitteleuropa hingegen wird dann anf?llig für Kaltlufteinbrüche aus Nordosten, was zu eisigen Wintern und zu einem trockenen Frühjahr führen kann.
Tropfsteine als Zeiger für Niederschlagsmenge
?In unserer Studie zeigen wir deutlich: Als die tropische Regenzone w?hrend der Kleinen Eiszeit südlicher lag als normal, war die NAO-Zahl eher negativ, Mitteleuropa damit also K?ltewellen ausgesetzt?, sagt Lechleitner. Liegt der tropische Regengürtel hingegen weiter n?rdlich, ist auch die Zahl positiv.
Für ihre zeitlich hochaufgel?ste Analyse der Niederschl?ge in den Tropen der vergangenen 2000 Jahre verglichen die Forschenden bereits ver?ffentlichte Klimarekonstruktionen, die mithilfe von Tropfsteinen, Eisbohrkernen, Seesedimenten und Baumringen erstellt wurden. Bei den Tropfsteinen untersuchten andere Forschende beispielsweise das Sauerstoff-Isotopenverh?ltnis, das in den Tropen als Zeiger für die Niederschlagsmenge gilt.
Keine extremen ?nderungen n?tig
?Aus unserer Arbeit l?sst sich folgern, dass sich die globalen Temperaturen nicht extrem stark ?ndern müssen, um die Position des tropischen Regengürtels zu verschieben?, fasst Lechleitner zusammen. Es sei daher gut m?glich, dass der menschgemachte Klimawandel und der bereits eingetretene, bislang aber vergleichsweise geringe, Temperaturanstieg den tropischen Regengürtel ebenfalls verschieben k?nnte.
Würden nur die globalen Temperaturen steigen, würde sich dieses Wettersystem eher nach Norden verlagern, da die Nordhemisph?re wegen verschiedener Faktoren w?rmer als die Südhemisph?re ist.
?Wohin sich die Regenzone bewegt, h?ngt allerdings auch vom Feinstaub in der Atmosph?re ab?, sagt Lechleitner. In einer früheren Studie konnte ein Forscherteam belegen, dass der tropische Regengürtel seit Beginn der Industrialisierung nach Süden gewandert ist, da Aerosole aus industriellen Verbrennungsprozessen und Abgasen die n?rdliche Hemisph?re gekühlt haben. Dadurch verlagerten sich auch die Zonen mit den h?chsten Jahresdurchschnittstemperaturen nach Süden.
?Mit der politisch erzwungenen Abnahme von Feinstaub und Schwefel k?nnte sich der tropische Regengürtel wieder verst?rkt nach Norden bewegen?, sagt die Forscherin. Dies k?nnte zur Folge haben, dass die Trockenheit in der Sahelzone abnimmt und die NAO-Zahl positiver wird, mit viel Regen und stürmischerem Wetter in Mitteleuropa.
Trockener oder n?sser
In den Tropen und Subtropen machen sich schon kleine Positionsver?nderungen des Regengürtels durch h?ufigere Trockenheiten oder Starkniederschl?ge bemerkbar. Regen- und Trockenzeiten k?nnen sich verl?ngern oder verkürzen. Dies kann fatale Folgen für die von der Landwirtschaft abh?ngige, lokale Bev?lkerung haben, wie zum Beispiel die anhaltende Trockenheit in der Sahelzone von 1970 bis 1990. ?Diese k?nnen wir nun darauf zurückführen, dass sich der tropische Regengürtel in der Zeit nach Süden verschoben hatte?, betont die Forscherin.
Literaturhinweis
Lechleitner FA et al.: Tropical rainfall over the last two millennia: evidence for a low-latitude hydrologic seesaw. Scientific Reports 2017. 7: 45809, doi: externe Seite 10.1038/srep45809