Start in neue Ära

Noch stehen die Neulinge etwas scheu und verlegen auf dem Flur vor dem H?rsaal G5 im Hauptgeb?ude der ETH Z¨¹rich. Als w¨¹rden sie sich nicht so recht trauen. Erst auf Zuruf einer Tutorin l?sen sich die jungen Leute vom Gel?nder und str?men in den H?rsaal. Hier erhalten sie Einblicke in und Ausblick auf ihr Studium. Und diese, vermittelt von J?rg Goldhahn, Projektleiter des Bachelors Humanmedizin, sind vielversprechend.

Auf Betriebstemperatur bringen

Schon in der ersten Studienwoche werden die Frischlinge einer Radikalkur unterworfen. Im Kantonsspital Baden werden sie mit einem klinischen Fall konfrontiert, der sie in die Grundlagen einf¨¹hrt. Sie werden erarbeiten, wie der Fall gel?st und der Patient behandelt wird. Dazu werden Grundlagen in Biochemie vermittelt und die Studierenden erhalten Lektionen in Herz-Lungen-Reanimation. ?Am Ende der ersten Woche werden wir Sie auf Betriebstemperatur haben?, versprach Goldhahn den Studierenden.

Dass es warm gelaufen Schlag auf Schlag weitergeht, ist ebenso klar: In der zweiten Woche folgt ein Intensivkurs in Mikroskopie und Bildgebung. Am Donnerstag dieser zweiten Woche steht bereits eine Grundlagenpr¨¹fung an. Ab der zweiten Woche startet zudem der regul?re Unterricht ¨C der ebenfalls sehr praxisorientiert ist und neuere Lernformen enth?lt.

Neuer Lernzielkatalog eingebunden

?Wir m?chten hier nicht einfach nur Wissen vermitteln, sondern Verst?ndnis f¨¹r Konzepte und Zusammenh?nge?, sagt Goldhahn. ?Das ist anders, radikal, aber auch sinnvoll?. Und es erfordere von Dozierenden und Studierenden viel Engagement und eine hohe Motivation.

Der neue Studiengang profitiert davon, dass die ETH und ihre Partnerinstitutionen diesen von Grund auf neu konzipieren und moderne Lern- und Lehrformen einbinden konnten. Das Curriculum orientiert sich zudem am neuen Lernzielkatalog f¨¹r Medizin, der ab diesem Herbst g¨¹ltig ist. ?Unsere Studierenden sind die ersten, die nach diesen neuen Vorgaben lernen. Andere Universit?ten werden ihre Lehrpl?ne erst noch umstellen m¨¹ssen?, sagt Goldhahn.

Kulturschock Basispr¨¹fung

Aller ?nderungen zum Trotz ¨C zum Nulltarif werden die Studierenden ihren Abschluss nicht erhalten. Bereits nach einem halben Jahr erwartet die Studierenden der erste Block der obligatorischen Basispr¨¹fung, ein weiteres halbes Jahr sp?ter der zweite. Das ist f¨¹r die frischen Gymnasiumsabg?ngerinnen und -abg?nger ein Kulturschock, sagt Studienkoordinator Roland M¨¹ller.

100 Studienpl?tze wurden besetzt. Zwei Drittel der Studierenden haben die ETH als erste Wahl f¨¹r ihr Medizinstudium angegeben, ein Drittel wurde ihr zugeteilt. Darunter sind Studienanf?nger genauso wie Biologen, Physiker oder Absolventen der Medizintechnik.

Um einen Masterstudienplatz m¨¹ssen sich die Bachelorstudierenden keine Sorgen machen, wenn sie die Pr¨¹fungsh¨¹rden bis dahin ¨¹berwinden. Das Masterstudium wird jedoch nicht an der ETH absolviert, sondern in Basel, Lugano und Z¨¹rich, denn die ETH Z¨¹rich verf¨¹gt nicht ¨¹ber ein Spital, wo die Ausbildung der Medizinerinnen und Mediziner vervollst?ndigt werden kann. Nach sechs Jahren Ausbildung werden ETH-Medizinbachelors schliesslich die eidgen?ssische Pr¨¹fung ablegen ¨C wie alle anderen Medizinerinnen und Mediziner schweizweit.

Nichts ?berfl¨¹ssiges

M¨¹ller erw?hnte gegen¨¹ber den Studierenden, dass die ersten ETH-Medizinstudierenden ?Testpiloten? seien. Das habe jedoch auch Vorteile: ?Sie k?nnen durch Ihre R¨¹ckmeldungen mithelfen, diesen Studiengang Medizin an der ETH mitzugestalten und zu verbessern ¨C das ist eine einmalige Chance, die Sie nutzen sollten?, sagte er.

Goldhahn seinerseits mahnte die Studierenden, das Studium nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Leichte F?cher gebe es nicht. Wer glaube, Ethik sei ein leichtes Fach, Pharmazeutik unn?tig, werde dies sp?ter bereuen. Sobald man als Arzt damit konfrontiert werde und einr?umen m¨¹sse, keine Ahnung davon zu haben, werde man einsehen, dass man im Studium etwas vers?umt habe. ?Saugen Sie deshalb alles in sich auf, was ihnen geboten wird. In diesem Studium ist nichts sinnlos, nichts ist ¨¹berfl¨¹ssig!?