Ein Palmölverbot bestraft die Falschen
Palm?l ist nicht gleich Palm?l. Bezüglich Umweltschutz und Sozialstandards unterscheiden sich Plantagen betr?chtlich. Ein generelles Verbot von Palm?l in Biotreibstoffen, wie es die EU erw?gt, würde die falschen Produzenten bestrafen und kaum helfen, den Regenwald zu schützen.
Biotreibstoffe und damit auch Biodiesel ersetzen fossile Brennstoffe und tragen dazu bei, den Klimawandel zu entsch?rfen. In der Europ?ischen Union (EU) wird Biodiesel vornehmlich aus Raps gewonnen, an zweiter Stelle folgt Palm?l. Jedes Jahr importiert die EU rund sieben Millionen Tonnen Palm?l aus Tropenl?ndern, wovon über 40 Prozent in Biotreibstoffe fliesst.
Im April 2017 sprach sich das Europ?ische Parlament dafür aus, bis 2020 die Nutzung von Palm?l in Biotreibstoffen zu verbieten [1]. Dies, um die den Palm?lplantagen zugeschriebene Abholzung des Regenwalds zu verhindern. Norwegen zog mit noch strengeren Vorgaben nach, und auch der franz?sische Umweltminister versprach, die ?importierte Abholzung? zu stoppen.
Keine einfache L?sung
Angesichts der weit verbreiteten Sorge um die Umweltsch?den durch Palm?l haben viele diesen Schritt begrüsst. Nur: Ein einfaches Verbot wird der Komplexit?t der Problematik nicht gerecht. W?hrend Umweltorganisationen vor allem das illegale und umweltsch?digende Gebaren der Palm?lbranche in Südostasien kritisieren, würde ein solches Verbot alle Produzenten weltweit über denselben Kamm scheren.
Der Fall Kolumbien
Als viertgr?sster Palm?lerzeuger der Welt verfügt Kolumbien über fast eine halbe Million Hektaren Palm?lplantagen und liegt damit deutlich hinter den Hauptlieferanten Indonesien und Malaysia. Die Palm?lplantagen in Kolumbien und in ganz Lateinamerika entstanden jedoch haupts?chlich auf Fl?chen, die bereits vorher für die Viehzucht gerodet worden waren [2]. Von den zwischen 2002 und 2008 neu angelegten 155’100 Hektaren entstanden 51% auf früherem Weideland, 29% auf ehemaligen Getreidefeldern und nur 16% auf Wald-, Savannen- und Jungwaldfl?chen [3].
Ersetzt kolumbianischer Biodiesel fossile Brennstoffe, senkt das unmittelbar Treibhausgasemissionen. Hingegen dauert es 30 bis 120 Jahre, um die durch Abholzung entstehenden Emissionen mittels Biodiesel zu kompensieren [4]. Der Palm?lanbau in Kolumbien ist zwar weder bedenkenlos noch vollkommen abholzungsfrei, aber seine Umweltauswirkungen sind vergleichsweise gering.
Ein kontraproduktives Signal
Kolumbien arbeitet zudem an einer Strategie zur vollst?ndigen Vermeidung von Abholzung. Sie soll sicherstellen, dass die Palm?lproduktion unter dem Strich keine Waldfl?chen verschlingt. Die kolumbianische Palm?lbranche ist ferner dabei, die Standards des Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO) und der International Sustainability and Carbon Certification (ISCC) umzusetzen [5] – beide werden von der Europ?ischen Kommission als Garanten für angemessene Umweltschutz- und Sozialpraktiken anerkannt.
Der wachsende europ?ische für Biodiesel-Markt ist für die kolumbianische Palm?lbranche zentral – der Marktzugang war der wichtigste Treiber für die ?bernahme der ISCC-Standards. Nun besteht die Gefahr, dass kolumbianisches Palm?l gebannt wird – zusammen mit Palm?l aus anderen Regionen, das die Umwelt st?rker belastet.
Ein allgemeines Verbot schm?lert den Einfluss der EU, weltweit strenge Nachhaltigkeitsstandards zu f?rdern, und sendet ein kontraproduktives Signal an jene Erzeugerl?nder, welche die hohen Anforderungen erfüllen wollen. So hat der indonesische Landwirtschaftsminister gedroht, Palm?lexporte in die EU zu stoppen [6], was bedeuten würde, dass das Land sein Palm?l an weniger strenge Abnehmer verkauft.
Die Herkunft zurückverfolgen
Es braucht eine differenziertere Strategie. Eine, die Branchen und L?nder dafür belohnt, wenn sie Nachhaltigkeitsvorgaben einhalten. Die EU sollte ihr Verbot deshalb selektiv gestalten und nur diejenigen Produzenten abstrafen, welche die Kriterien nicht erfüllen. Die ?Erneuerbare-Energien-Richtlinie? der EU enth?lt bereits einen solchen selektiven Mechanismus für Ausgangsstoffe von Biotreibstoffen. Dieser ist noch nicht perfekt, da er auf Treibhausgasemissionen fokussiert und etwa die Artenvielfalt und soziale Themen zu wenig berücksichtigt. Zudem braucht es Investitionen in Methoden, um den Weg der Produkte vom Erzeuger bis zum Verbraucher zu verfolgen.
Ein selektives Verbot basierend auf der Nachverfolgbarkeit von Palm?l würde nicht nur gute Produktionsverfahren in Kolumbien f?rdern, sondern die Erzeuger und die Agrarindustrie weltweit zum Nachahmen animieren.
Weiterführende Informationen
[1] Europ?isches Parlament: externe Seite Abgeordnete fordern Verzicht auf Palm?l in Biodiesel ab 2020.
[2] Furumo, P. R., and T. M. Aide. 2017. Characterizing commercial oil palm expansion in Latin America:land use change and trade. Environmental Research letters: 1-12.
[3] Castiblanco, C., and A. Etter. 2013. Oil palm plantations in Colombia: A model of future expansion. Environmental Science & Policy: 172-183.
[4] Gibbs, H. K., M. Johnston, J. A. Foley, T. Holloway, C. Monfreda, N. Ramankutty, and D. Zaks. 2008. Carbon payback times for crop-based biofuel expansion in the tropics: the effects of changing yield and technology. Page 10. Environmental Research Letters.
[5] externe Seite RSPO und externe Seite ISCC
Jaboury Ghazoul schrieb diesen Beitrag gemeinsam mit Alejandra Rueda-Zarate von NES NATURALEZA, einer am ETH-Projekt ?Oil Palm Adaptive Landscapes? (externe Seite OPAL) beteiligten Organisation. OPAL wird vom r4d-Programm des SNF und der ZEDA gef?rdert.