Warum die ETH künftig breiter bloggt
Wissenschaft muss ihre gesellschaftliche Relevanz beweisen. Die ETH Zürich weitet deshalb ihre Blog-Aktivit?ten aus: Künftig wird der Zukunftsblog neben Themen der Nachhaltigkeit auch solche aus den Bereichen der Digitalisierung und Gesundheit umfassen.
Wir leben in verrückten Zeiten: Wenn die Wissenschaft weltweit fast einhellig den Klimawandel als real betrachtet, h?chste politische Stellen dies aber bezweifeln und gar negieren. Wenn gestandene Wissenschaftler von anonymen Internetplattformen aus ungestraft l?cherlich gemacht werden. Wenn jeder achte Mensch in Deutschland sich dazu bekennt, Wissenschaft nicht zu glauben, und nur die H?lfte aller Befragten der Forschung vertraut. [1] In solch ver-rückten Zeiten sind die Hochschulen gefordert – vor allem kommunikativ.
Verbreiteter Zweifel
Daumen hoch, Daumen runter: Wir leben in einer Epoche des rapiden Wertewandels und der zunehmenden Polarisierung. Man ist zwar nicht generell wissenschaftsfeindlich, gaben doch mehr als die H?lfte der Befragten in der oben zitierten Umfrage an, dass Wissenschaft und Forschung unser Leben verbessern. Aber man ist skeptisch gegenüber den Fachleuten der Hochschulen. Warum?
Man ?mag? wissenschaftliche Erkenntnisse nicht, die der eigenen Weltanschauung widersprechen. Man ist gegen Tierversuche, den Einsatz von Gentechnologie, den Fleischkonsum oder die Atomenergie. Ende der Durchsage. Punkt.
Fakten alleine reichen nicht
Zu meinen, man müsse nun dieser Welt einfach erkl?ren, wie die Welt tats?chlich ist, greift zu kurz. Dieses sogenannte Defizitmodell (?ich erkl?re, dann wird es dir klar?) ist für mich unwissenschaftlich, denn die Wissenschaft lebt vom Diskurs, von der kritischen Widerrede, der Kraft des schlagenden Arguments und der besseren Idee.
Mit Fakten allein kann die Wissenschaft die Welt nicht überzeugen. Es braucht Vertrauen in die Wissenschaft. Vertrauen aber ist nicht rational und objektiv, sondern ein subjektives Gefühl für die Richtigkeit von Aussagen oder die Redlichkeit von Personen. Und: Vertrauen muss über lange Zeit erarbeitet und immer wieder von neuem verdient werden.
Auch deshalb versuchen wir mit dem Zukunftsblog seit Jahren, Wissenschaft etwas anders, nahbarer und vielleicht auch etwas verst?ndlicher zu vermitteln. Mitunter erfolgreich: Anfang Jahr wurden wir im Wettbewerb um den besten Wissenschaftsblog mit der Silbermedaille ausgezeichnet. [2]
Auch nur Menschen
Nicht die nackte Erkenntnis steht im Mittelpunkt der publizierten Texte im Zukunftsblog, sondern die fundierten Meinungen der Autorinnen und Autoren, ihre Einsch?tzung, ihre Fragen und manchmal sogar ihre Selbstzweifel. Denn auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind nur Menschen.
Als Christoph Küffer hier im Blog ankündigte, ein Jahr nicht zu fliegen, hat er damit eine Debatte entfacht. Weil er pers?nlich und engagiert seinen fundierten Standpunkt vertrat und auch Selbstkritik zeigte. Dies ist einer der m?glichen Wege, um Vertrauen zu schaffen.
Wir bloggen, was wir forschen
Deshalb bloggt die ETH Zürich ab 8. Januar 2018 thematisch breiter als bisher. Der Zukunftsblog besteht künftig aus drei Rubriken: Neben der Nachhaltigkeit sind dies neu auch zwei andere strategische Schwerpunktthemen der ETH, die Digitalisierung und die Gesundheit.
Digitalisierung ist kein einfacher Begriff, schwer zu fassen, alle Lebensbereiche schon seit Jahren durchdringend. Ob Cybersicherheit, neue Formen der industriellen Produktion oder Informatikunterricht in den Schulen: Seit mit dem ZUSE Z4 die erste programmgesteuerte Rechenmaschine der Welt in den Labors der ETH entstand, leistet die Hochschule wesentliche Beitr?ge für die Schweiz und die Welt.
Gesundheit ist im Sorgenbarometer in der Schweiz seit Jahren auf Rang 1 oder 2 klassiert. Noch verbindet man die ETH wenig mit Medizin. Zu unrecht. Nicht nur hat die ETH seit letztem Herbst ein eigenes Medizin-Bachelorprogramm. Mehr als ein Drittel der 500 Professorinnen und Professoren der ETH forschen im engen und weiteren Sinne an Gesundheitsthemen. Ein Teil von ihnen wird in Zukunft hier bloggen.
Kommentieren Sie!
Eines sollten wir nicht sch?nreden: Noch zulegen kann die Akademie bei zwei anderen wichtigen Voraussetzungen, um das Vertrauen in die Wissenschaft zu st?rken: dem Zuh?ren und dem Dialog. Rede, wie wir sie im Zukunftsblog pflegen, verlangt nach Widerrede. Darum: Kommentieren Sie, stellen Sie kritische Fragen. Gerne noch mehr als bisher.
Doch lassen Sie sich zuerst einmal überraschen. Am Montag 8. Januar 2018 starten wir mit einer Dreifachpackung des neuen Zukunftsblogs. Mit Reto Knutti (Nachhaltigkeit), Martin Fussenegger (Gesundheit) und Roland Siegwart (Digitalisierung) skizzieren drei prominente Autoren in je einem Blogbeitrag die Zukunft ihrer Wissenschaftsbereiche.
Weiterführende Informationen
[1] Wissenschaft im Dialog: externe Seite Wissenschaftsbarometer 2017.
[2] Wissenschaft kommuniziert: Der externe Seite Wissenschaftsblog des Jahres 2016. Auch für dieses Jahr ist der Zukunftsblog wieder nominiert, hier geht’s zur externe Seite Wahl 2017.