Ein elektronischer Rettungshund

ETH-Wissenschaftler entwickelten die mit Abstand kleinste und günstigste Apparatur, mit der Menschen am Geruch detektiert werden k?nnen. Sie eignet sich für die Suche nach Personen, die bei einem Erdbeben oder von einer Lawine verschüttet worden sind.

Rettungshund
Nach Erdbebenkatastrophen kommen regelm?ssig Spürhunde zum Einsatz, weil sie mit ihrer empfindlichen Nase Menschen auffinden k?nnen. (Bild: Shutterstock)

Trainierte Rettungshunde sind noch immer die besten Katastrophenhelfer. Dank ihrer empfindlichen Nase k?nnen sie Menschen aufspüren, die bei einem Erdbeben oder von einer Lawine verschüttet worden sind. Wie alle Lebewesen brauchen Hunde allerdings ab und an Erholungspausen. Ausserdem sind sie oft nicht sofort in Katastrophengebieten verfügbar, und Hundestaffeln müssen von weit her anreisen.

Pausenlos einsatzbereit ist hingegen eine neue Messapparatur von Forschern um Sotiris Pratsinis, Professor für Verfahrenstechnik an der ETH Zürich. In den vergangenen Jahren entwickelten die Wissenschaftler kleine und ?usserst empfindliche Gassensoren für Azeton, Ammoniak und Isopren – alles Stoffwechselprodukte unseres K?rpers, die wir in geringen Konzentrationen ausatmen und ausdünsten. Die Forschenden kombinierten diese Sensoren nun in einem Ger?t mit zwei kommerziellen Sensoren für CO2 und Feuchtigkeit.

Chemischer ?Fingerabdruck?

Wie Labortests in Zusammenarbeit mit ?sterreichischen und zyprischen Wissenschaftlern ergaben, lassen sich mit dieser Sensorkombination sehr gut verschüttete Personen aufspüren. Die Forschenden nutzten eine als Verschüttungssimulator entwickelte Versuchskammer am Institut für Atemgasanalytik der Universit?t Innsbruck in Dornbirn, in welcher freiwillige Versuchspersonen einzeln w?hrend zwei Stunden ausharrten.

?Die Kombination von Sensoren für unterschiedliche chemische Verbindungen ist wichtig, weil die einzelnen Stoffe auch andere Quellen als den Menschen haben k?nnen. CO2 zum Beispiel kann sowohl von einer verschütteten Person als auch von einem Brandherd stammen?, erkl?rt Andreas Güntner, Postdoktorand in Pratsinis Gruppe und Erstautor der in der Fachzeitschrift externe Seite Analytical Chemistry ver?ffentlichten Studie. Dank der Kombination der Sensoren erhalten die Wissenschaftler zuverl?ssige Hinweise auf die Anwesenheit von Menschen.

Auch für unzug?ngliche Katastrophengebiete

Wie die Forschenden ausserdem zeigten, unterscheiden sich die ausgeatmeten von den ausgedünsteten Verbindungen. ?Aceton und Isopren sind typische Stoffe, die wir gr?sstenteils ausatmen. Ammoniak hingegen dünsten wir vor allem über die Haut aus?, erkl?rt ETH-Professor Pratsinis. In den Experimenten im Verschüttungssimulator trugen die Versuchspersonen eine Atemmaske. Im ersten Teil des Versuchs wurde die von den Teilnehmern ausgeatmete Luft direkt aus der Kammer geleitet, im zweiten Teil blieb die ausgeatmete Luft darin. So konnten die Wissenschaftler ein Atemluft- und ein Ausdünstungsprofil erstellen.

Gassensoren
Die drei an der ETH Zürich entwickelten Gassensoren. (Bild: ETH Zürich / Andreas Güntner)

Die verwendeten Gassensoren der ETH-Wissenschaftler haben die Gr?sse eines kleinen Computerchips. ?Sie sind etwa gleich empfindlich wie die meisten Ionenmobilit?ts-Spektrometer, die mehrere tausend Franken kosten und die Gr?sse eines Koffers haben?, sagt Pratsinis. ?Unsere handliche Sensorkombination ist mit Abstand das kleinste und günstigste Ger?t, das ausreichend empfindlich ist, um verschüttete Personen zu erkennen. In einem n?chsten Schritt m?chten wir unter Realbedingungen testen, ob es sich für den Sucheinsatz nach Erdbeben oder Lawinenniederg?ngen eignet.?

Für die Suche nach Verschütteten gibt es zwar bereits elektronische Ger?te, diese arbeiten jedoch mit Mikrofonen und Kameras. Mit ihnen lassen sich nur Verschüttete finden, die sich akustisch bemerkbar machen k?nnen oder unter Trümmern sichtbar sind. Die Idee der ETH-Wissenschaftler ist, solche Hilfsmittel mit den chemischen Sensoren zu erg?nzen. Derzeit suchen die Forschenden Industriepartner oder Investoren, die den Bau eines Prototypen unterstützen. Auch Drohnen oder Roboter liessen sich mit den Gassensoren ausrüsten. So k?nnte man auch Gebiete absuchen, die zu Fuss nicht oder nur schwer zug?nglich sind. Weitere m?gliche Anwendungen w?ren das Aufspüren von blinden Passagieren oder das Aufdecken von Menschenschmuggel.

Literaturhinweis

Güntner AT, Pineau NJ, Mochalski P, Wiesenhofer H, Agapiou A, Mayhew CA, Pratsinis SE: Sniffing Entrapped Humans with Sensor Arrays. Analytical Chemistry, doi: externe Seite 10.1021/acs.analchem.8b00237

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