Massgeschneiderte Emulsionen
ETH-Materialforscher entwickeln ein Verfahren, mit dem sie Tr?pfchen in einer Emulsion gezielt und kontrolliert mit Partikeln ummanteln k?nnen, um sie zu stabilisieren. Damit erfüllen sie einen lang gehegten Wunsch von Forschung und Industrie.
Mayonnaise ist ein Paradebeispiel für eine Emulsion, die aus einer w?ssrigen und einer ?ligen Phase besteht. Man vermischt ?l und Essig, sodass sich unz?hlige Tr?pfchen bilden. Eigelb wird als Emulgator beigemengt, der sich auf die Oberfl?che der Tr?pfchen begibt und diese dadurch stabilisiert. Macht man es richtig, entsteht eine feine cremige Masse. Wird ?l zu rasch (oder zum falschen Zeitpunkt) hinzugefügt, gerinnt die Mayonnaise: Die Tr?pfchen sind nicht best?ndig genug, verschmelzen, und die Phasen trennen sich auf.
Genau so schwer wie sich mancher Hobbykoch mit der perfekten Mayonnaise tut, tat sich bislang auch die Materialforschung, mit Stabilisatoren oder Emulgatoren kontrolliert Grenzfl?chen von Tr?pfchen in Zweiphasengemischen zu erzeugen. Solche ?bewehrten? Grenzfl?chen sind wichtig, da sie die Tr?pfchen und letzten Endes die entsprechende Emulsion stabilisieren. Bis heute ist es Wissenschaftlern nicht gelungen, sowohl das Ausmass der Partikelbedeckung als auch die Zusammensetzung der Partikel von Grenzschichten solcher Tr?pfchen zu regulieren.
Tr?pfchen wunschgem?ss bedecken
Nun dürfte das ?Mayonnaise-Problem? jedoch gel?st sein: Materialforscher der ETH Zürich und der belgischen Universit?t Leuven unter der Leitung von ETH-Professor Jan Vermant entwickelten eine neue Methode, mit der sie diese Tr?pfchen-Grenzfl?chen in Emulsionen gezielt und wunschgem?ss mit den unterschiedlichsten Partikeln bedecken und gestalten k?nnen. Das Verfahren wurde soeben im Online-Fachmagazin ?externe Seite Nature Communications? vorgestellt. An der Publikation Beteiligt war auch die Gruppe von André Studart.
?Mit dem klassischen Ansatz – zwei Flüssigkeiten und ein Emulgator mischen, schütteln und das Resultat betrachten – ist es unm?glich, definierte Mengen eines Emulgators in der Grenzfl?che der Tr?pfchen anzuordnen?, betont Vermant. ?Da spielt der Zufall mit.?
Mit der neuen Methode kann man nun aber im Voraus berechnen und einstellen, welche Menge an Partikeln n?tig ist, um einen gewünschten Bedeckungsgrad zu erreichen. Auch haben die Forscher fast beliebig viele M?glichkeiten, welche Partikel sie verwenden wollen und welche Gr?sse diese haben dürfen. In der Regel verwenden sie kugelige Silikatpartikel. Zum Test verwendeten sie aber auch wurm- oder st?bchenf?rmige. Als Emulgatoren in Frage kommen nun auch Proteine oder Polymere.
?Der Ansatz er?ffnet uns ungeahnte M?glichkeiten, um neue Materialien zu schaffen?, sagt Vermant.
Mikrofluidik-Anordnung macht es m?glich
Basis ihrer Methode ist eine Mikrofluidik-Plattform von der Gr?sse eines Mikroskop-Objekttr?gers. Mithilfe dieser Plattform erzeugen die Forschenden winzige Tr?pfchen. W?hrend diese entstehen, fliesst eine zweite Phase mit Partikeln ein, die sich an der Grenzfl?che der Tr?pfchen anlagern.
Die Partikelmenge steuern die Forscher über die Fliessgeschwindigkeit, mit der die Partikelphase um die werdenden Tr?pfchen str?mt. Schliesslich wird diese Schicht von derjenigen Phase, in der die Tr?pfchen zu liegen kommen (also Wasser im Falle von ?l-Tr?pfchen oder umgekehrt), umgeben.
So funktioniert der Mikrofluidik-Chip
Auf dem Weg durch den Kanal l?st sich die partikelhaltige Phase allm?hlich auf, die Partikel lagern sich auf der Oberfl?che der Tropfen an.
Mit der neuen Technik k?nnen auch Tr?pfchen gezielt zum Verschmelzen gebracht werden.
Die fertigen Tr?pfchen fliessen dann durch einen engen und sehr langen Kanal, der einem Heizk?rper gleicht. Auf dem Weg durch diesen Kanal l?st sich die das Tr?pfchen umgebende Phase, welche die Partikel enth?lt, langsam in der umgebenden L?sung auf. Den Partikeln bleibt jedoch genug Zeit, sich auf der Oberfl?che der Tr?pfchen anzuordnen und dieses zu stabilisieren.
Je nach Bedeckungsgrad k?nnen einzelne Tr?pfchen miteinander verschmelzen. Dabei wiederum bilden sie erdnuss?hnliche Gebilde. Durch die Verschmelzung ?ndert sich das Verh?ltnis von Volumen zu Oberfl?che, das heisst, dass den Partikeln auf der Grenzfl?che weniger Platz zur Verfügung steht. Die Partikel von zwei Tr?pfchen müssen auf engerem Raum zusammenrücken, die Bedeckung des Doppelbl?schens wird also dichter. Auf diese Weise ummantelte Bl?schen sind stabil – und damit ist es auch die Emulsion, deren Eigenschaften auch von der Form und L?nge der Tr?pfchen abh?ngt.
Spielen mit Emulgatoren
Die Tr?pfchen lassen sich je nach Zweck mit Partikeln unterschiedlichster Art bedecken. Die Forscher k?nnen auch Partikel unterschiedlicher Gr?sse, verschiedener chemischer Zusammensetzung oder sogar unterschiedlicher Polarit?t (hydrophob vs hydrophil) einsetzen.?Wir k?nnen mit unserer Methode auch die Form von Tr?pfchen bestimmen, und das erm?glicht uns die Schaffung von Emulsionen mit bisher undenkbaren Eigenschaften?, freut sich Vermant. Das nun gefundene Prinzip sei sehr robust. ?Zehn Jahre haben wir daran geforscht, nun ist das Problem gel?st.?
Das beschriebene Verfahren eignet sich nur für die Forschung, da es erst in sehr kleinem Massstab funktioniert. Die ETH-Forscher arbeiten jedoch daran, dieses hochzuskalieren, sodass gr?ssere Mengen verarbeitet werden k?nnen. Sie sind dabei, eine Apparatur zu entwickeln, die sich von der Gr?sse und vom Durchsatz her bereits für Testverfahren in der Industrie eignen würde.
In noch gr?sserem Massstab sind jedoch auch Anwendungen in der Lebensmittel-, der Pharma-, Kosmetik- oder auch in der Erd?lindustrie denkbar, etwa für das Abtrennen von ?l und Wasser bei der ?lf?rderung.
Literaturhinweis
Dockx G, Geisel S, Moore DG, Koos E, Studart AR, Vermant J. Designer liquid-liquid interfaces made from transient double emulsions. Nature Communicationsvolume 9, Article number: 4763 (2018). DOI: externe Seite 10.1038/s41467-018-07272-0 DO