Wenn sich Sand wie Öl verhält

Sand, Kaffeepulver oder Reis verhalten sich ganz anders als Wasser und ?l. Doch unter gewissen Bedingungen zeigen sich pl?tzlich erstaunliche ?hnlichkeiten. Wissenschaftler haben einen Weg gefunden, wie sie das Verhalten von k?rnigen Materialien besser verstehen k?nnen.

Granulare Materialien
Unter gewissen Umst?nden verhalten sich k?rnige Materialien wie Flüssigkeiten und bilden ?hnliche Formen wie diese. (Bild: ETH Zürich / Alexander Penn)

K?rnige Materialien wie Sand, Reis oder Kaffee spielen bei vielen Vorg?ngen eine zentrale Rolle. Nicht nur in der Natur sind diese Stoffe wichtig, wo sie beispielsweise das Verhalten von Lawinen oder Sanddünen pr?gen, sondern auch in der Industrie. Bei der Herstellung von Arzneimitteln oder Lebensmitteln gilt es immer wieder, k?rnige Materialien m?glichst effizient zu verarbeiten.

Trotz der Vielfalt an praktischen Anwendungen versteht man jedoch erst ansatzweise, nach welchen physikalischen Gesetzm?ssigkeiten sich k?rnige Materialien verhalten. Dies ganz im Gegensatz zu Flüssigkeiten: Dort gibt es eine Reihe von gut etablierten physikalischen Gesetzen und mathematischen Werkzeugen, um deren Verhalten zu beschreiben. Dies gilt insbesondere auch für instabile komplexe Mischungen wie Emulsionen, die sich nach kurzer Zeit neu anordnen.

Eine neue Ordnung entsteht

Forscher aus der Gruppe von Christoph Müller, Professor für Energiewissenschaft und -technik an der ETH Zürich, haben nun zusammen mit Wissenschaftlern der Columbia University in New York herausgefunden, dass sich Mischungen aus k?rnigen Materialien unter gewissen Umst?nden genau gleich verhalten wie instabile Flüssigkeitsmischungen und in diesen F?llen auch mit vergleichbaren physikalischen Gesetzen beschrieben werden k?nnen.

Für ihre Versuche ordneten die Forscher in einem schmalen Beh?lter schwere und leichte K?rner in unterschiedlichen Konfigurationen an. W?hrend der Experimente vibrierten sie den Beh?lter und liessen gleichzeitig von unten her Luft durchstr?men. Durch diese beiden Massnahmen wurden die K?rner ?fluidisiert?, so dass sie sich ?hnlich zu verhalten begannen wie Flüssigkeiten. Von aussen beobachteten die Forscher dann, wie sich die Materialien im Beh?lter über die Zeit hinweg neu anordneten.

Gegens?tzliche Strukturen

Legt man beispielsweise eine Schicht schweren Sand auf leichteren Sand, bewegen sich die leichten K?rner durch die Fluidisierung aufgrund der geringeren Dichte nach oben und bilden dabei tropfenf?rmige Strukturen, die an z?he Flüssigkeiten erinnern. ?Die K?rner verhalten sich tats?chlich so, wie sich beispielsweise ?l in Wasser verhalten würde?, erkl?rt Christopher McLaren, Doktorand in Müllers Gruppe. ?Es entsteht eine komplexe Interaktion zwischen den beiden Materialien.?

Bettet man eine kleine Menge an leichtem Sand in schweren Sand, bewegt sich der leichte Sand mehr oder weniger als kompakter Tropfen nach oben. Im umgekehrten Fall hingegen entsteht ein komplexeres Muster: Eine Kugel aus schweren K?rnern, umgeben von leichten K?rnern, sinkt nicht einfach in sich geschlossen nach unten. Vielmehr spaltet sich die Kugel nach und nach in mehrere kleinere Tropfen auf und das Material ver?stelt sich mit der Zeit immer mehr.

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So verhalten sich Mischungen aus leichten (schwarz) und schweren K?rnern (weiss), wenn der Beh?lter vibriert und gleichzeitig Luft von unten durch diesen str?mt. (Video: ETH Zürich)

Vielf?ltige Anwendungen

?Unsere Erkenntnisse sind für viele Anwendungen von Bedeutung?, erg?nzt Alexander Penn, der als Postdoktorand an den Versuchen beteiligt war. ?Wenn man beispielsweise in der Pharmazie eine sehr homogene Pulvermischung herstellen m?chte, muss man die Physik von solchen Materialien im Detail verstehen, damit man den Prozess gut kontrollieren kann.? Auch Geologen dürften sich für die Resultate interessieren; sie helfen ihnen, die Abl?ufe bei Hangrutschungen oder das Verhalten von sandigen B?den bei Erdbeben besser zu verstehen.

Und nicht zuletzt kommt der Arbeit auch in der aktuellen Energiedebatte eine gewisse Bedeutung zu. ?Wenn man industrielle Prozesse analysiert, sieht man, dass ein grosser Teil der Energie für die Verarbeitung von k?rnigen Materialien verwendet wird?, erkl?rt Penn. ?Wenn wir wissen, wie wir k?rnige Materialien besser kontrollieren k?nnen, k?nnen wir energieeffizientere Verarbeitungsprozesse entwickeln.?

Literaturhinweis

McLaren C et al.: Gravitational instabilities in binary granular materials. PNAS 22. April 2019, doi: externe Seite 10.1073/pnas.1820820116

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