Problemstoffe effizient beseitigen
Mikroverunreinigungen sind eine grosse Belastung für unsere Gew?sser. Sie aus dem Abwasser zu beseitigen, ist technisch jedoch sehr aufw?ndig. ETH-Forschende haben nun einen Ansatz entwickelt, mit dem sich diese problematischen Substanzen effizient beseitigen lassen.
Wir alle nutzen in unserem Alltag eine Vielzahl von chemischen Substanzen. Kosmetikartikel, Medikamente, Antibabypillen, Pflanzendünger, Reinigungsmittel – alle diese Verbindungen erleichtern zwar unser Leben. Doch für die Umwelt hat der Einsatz dieser Produkte ungünstige Folgen. Denn viele dieser Verbindungen k?nnen in den heutigen Kl?ranlagen nicht vollst?ndig aus dem Abwasser beseitigt werden. Als Mikroschadstoffe gelangen sie in der Folge in die Umwelt und belasten Fauna und Flora in unseren Gew?ssern.
Im Rahmen einer Revision des Gew?sserschutzgesetzes hat das Parlament deshalb im Jahr 2014 beschlossen, bis 2040 ausgew?hlte Kl?ranlagen mit einer zus?tzlichen Reinigungsstufe zur Entfernung von Mikroverunreinigungen auszurüsten. Obwohl die Finanzierung grunds?tzlich gesichert ist, stellt das Vorhaben die Betreiber der Kl?ranlagen vor eine Herausforderung. Denn die kritischen Stoffe lassen sich nur mit aufw?ndigen Verfahren beseitigen, die in der Regel auf Ozon, Aktivkohle oder Licht basieren.
Nanopartikel f?rdern Abbau
Forscher des ETH-Instituts für Robotik und Intelligente Systeme haben nun einen Ansatz entwickelt, mit dem man diese Substanzen m?glicherweise auf elegante Weise einfacher beseitigen kann. Mithilfe von sogenannt multiferroischen Nanopartikeln gelang es ihnen, die Zersetzung von Chemikalien-Rückst?nden in verunreinigtem Wasser anzuregen. Die Nanopartikel sind dabei nicht direkt in die chemische Reaktion involviert, sondern beschleunigen als Katalysatoren die Umwandlung der Substanzen in harmlose Verbindungen.
?Solche Nanopartikel werden in der Industrie bereits an verschiedenen Orten als Katalysatoren bei chemischen Reaktionen eingesetzt?, erkl?rt Salvador Pané, der als Senior Scientist diese Forschung massgeblich vorangetrieben hat. ?Nun konnten wir zeigen, dass sie auch bei der Reinigung von Abwasser hilfreich sein k?nnen.?
Reduktion um 80 Prozent
Für ihre Versuche haben die Forschenden w?ssrige L?sungen mit Spuren von fünf weit verbreiteten Medikamenten verwendet. Die Experimente best?tigen, dass die Nanopartikel die Konzentration dieser Substanzen im Wasser um mindestens 80 Prozent reduzieren k?nnen. ?Darunter waren auch zwei Substanzen, die sich mit der herk?mmlichen Methode mit Ozon nicht beseitigen lassen?, unterstreicht Fajer Mushtaq, Doktorandin in der Gruppe, die Bedeutung dieser Ergebnisse.
?Bemerkenswert ist, dass wir mithilfe des Magnetfelds die Wirkung der Nanopartikel pr?zis steuern k?nnen?, erkl?rt Xiangzhong Chen, der als Postdoktorand ebenfalls in das Projekt involviert war. Die Nanopartikel haben einen Kern aus Cobalt-Ferrit, der von einem Mantel aus Bismut-Ferrit umgeben ist. Legt man von aussen ein alternierendes Magnetfeld an, werden Teilbereiche der Partikeloberfl?che elektrisch positiv und andere Bereiche negativ geladen. Diese Ladungen an der Oberfl?che führen dazu, dass sich im Wasser reaktive Sauerstoffradikale bilden, welche die organischen Schadstoffe zu unsch?dlichen Verbindungen aufbrechen. Die magnetischen Nanopartikel lassen sich anschliessend auf einfache Weise wieder aus dem Wasser entfernen, h?lt Chen fest.
Positive Reaktionen aus der Praxis
Aus Sicht der Forschenden ist der neue Ansatz vielversprechend, weil er sich technisch einfacher realisieren l?sst als beispielsweise die Behandlung des Abwassers mit Ozon. ?Die Abwasserindustrie ist sehr interessiert an unseren Resultaten?, berichtet Pané.
Bis zur praktischen Anwendung dauert es allerdings noch eine Weile, wurde das Verfahren bisher doch erst im Labor untersucht. Immerhin: Ein vom Schweizerischen Nationalfonds und Innosuisse gemeinsam finanziertes Bridge-Projekt, mit dem der Transfer in die Praxis unterstützt werden soll, wurde bereits bewilligt, erz?hlt Mushtaq. Und auch die Gründung einer Spin-off-Firma, mit der die Forschenden ihre Idee bis zur Marktreife weiterentwickeln wollen, steht bereits fest.
Literaturhinweis
Mushtaq F et al.: Magnetoelectrically driven catalytic degradation of organics. Advanced Materials 2019, 1901378, doi: externe Seite 10.1002/adma.201901378