Moderne Fälscher entlarven
Forschende der ETH Zürich haben ein Verfahren entwickelt, mit dem moderne F?lschungen von Bildern zweifelsfrei nachgewiesen werden k?nnen, selbst wenn der F?lscher alte Materialien verwendete. Für den Nachweis brauchen die Forschenden weniger als 200 Mikrogramm Farbe.
Kunstf?lschungen sind seit der Antike bekannt, doch der Kunstmarkt w?chst und die Kommerzialisierung hat rasant zugenommen. Das verleitet den einen oder anderen dazu, ein historisches Bild nachzumalen und das schnelle Geld zu machen. Solche F?lschungen sind am einfachsten aufzudecken, wenn sich nachweisen l?sst, dass das verwendete Material jünger ist, als das Bild datiert wurde.
Moderne F?lscher verwenden deshalb oft alte Materialien, um die F?lschung besser zu kaschieren, oder übermalen historische Gem?lde. Der berüchtigte Han Van Meegeren (1889-1947), der sich auf das F?lschen von Vermeer-Gem?lden spezialisiert hatte, war bekannt dafür, die Farbe ?lterer Gem?lde abzuschaben und wiederzuverwenden, um so die Illusion eines natürlich gealterten Gem?ldes zu erwecken.
C14-Methode chemisch erweitert
Die Datierung mit Radiokarbon, die sogenannte C14-Methode, die seit den 1940er-Jahren bekannt ist, erlaubt es, F?lschungen zu erkennen. Sie basiert auf der Tatsache, dass 14C-Atome in einer feststehenden Gesetzm?ssigkeit zerfallen. Bestimmt man das Verh?ltnis von 12C und 14C-Atomen in einer Probe und vergleicht es mit Referenzwerten, l?sst sich das Alter der Probe bestimmen. Das Labor für Ionenstrahlphysik der ETH Zürich hat mit diesem Verfahren bereits verschiedentlich international für Aufsehen gesorgt, weil es die Echtheit von historischen Gegenst?nden best?tigen oder widerlegen konnte.
Allerdings hat die Methode einen grossen Nachteil: Die Probe kann durch alte Materialien verf?lscht sein, was sich mit der C14-Methode nur schwer entdecken l?sst. Laura Hendriks, die gleichzeitig in der Gruppe von Prof. Hans-Arno Synal am Labor für Ionenstrahlphysik als auch in der Gruppe von Prof. Detlef Günther am Laboratorium für anorganische Chemie doktoriert, hat nun für dieses Problem eine elegante L?sung gefunden. Sie publiziert das neue Verfahren heute in der Fachzeitschrift PNAS.
In einem ersten Schritt gilt es, eine ideale Probestelle zu finden, die nur anorganische Pigmente enth?lt. Diese Probe wird danach mit chemischen Verfahren so gereinigt, dass nur noch 10 Mikrogramm reiner Kohlenstoff übrigbleibt. Dieser l?sst sich dann wie bisher mit der C14-Methode analysieren. ?Wir haben neu die bekannte physikalische Methode mit chemischen Methoden kombiniert, um so ein eindeutiges Resultat zu bekommen?, sagt Hendriks.
Bindemittel verr?t F?lscher
Für die Publikation hat Hendriks ihre Methode an einen bekannten Fall getestet: Robert Trotter malte ein Gem?lde im amerikanischen primitiven Volkskunststil, signierte es mit ?Sarah Honn? und datierte es auf ?5. Mai 1866 n. Chr.? Bereits früher gestand Trotter in einem Prozess, die Sarah-Honn-F?lschung 1985 gemalt zu haben.
Die ETH-Forschenden haben nun zwei Mikroproben von diesem Gem?lde analysiert: eine Leinwandfaser und einen Farbpartikel mit einem Gewicht von weniger als 200 Mikrogramm. ?Dank neuer Entwicklungen im Labor für Ionenstrahlphysik k?nnen wir heute deutlich kleinere Proben messen als früher?, erkl?rt Hendriks. Die Datierung der Leinwand passt zwar zur angeblichen Zuschreibung zum 19. Jahrhundert. Doch die Datierung der Farbe deckt die F?lschung auf. Auch wenn ein F?lscher zur Tarnung alte Farbpartikel verwendet, muss er sie n?mlich mit einem neuen Bindemittel mischen. Und genau diesen Umstand machen sich die ETH-Forschenden nun zu Nutze.
Falsches ?l verwendet
Die Analyse des Bindemittels ist eine komplexe Aufgabe, weil es eine heterogene Mischung ist. Doch die Ergebnisse sind eindeutig: Das verwendete ?l im Bindemittel enth?lt einen ?berschuss an 14C, der charakteristisch für das 20. Jahrhundert ist. Denn durch den Einsatz von Kernwaffen stieg die 14C-Konzentration in der Atmosph?re enorm an, so dass sich Proben aus dieser Zeit sehr genau datieren lassen. Die Samen, aus denen das ?l für das Bindemittel gewonnen wurde, wurden zwischen 1958-1961 oder 1983-1989 geerntet. Das widerspricht der Datierung der Leinwand und beweist, dass das Bild nach 1950 produziert wurde – es handelt sich also zweifelsfrei um eine moderne F?lschung. ?Anhand dieses bekannten Falls k?nnen wir nun zeigen, dass unsere Methode wirklich funktioniert?, sagt Hendriks.
Ob mit der neuen Methode nun routinem?ssig F?lscher zur Strecke gebracht werden k?nnen, ist allerdings noch unklar. Es ist nicht ganz einfach, eine geeignete Stelle für die Probenahme zu finden, und auch das Messverfahren ist sehr aufw?ndig, da es einige komplexe und kostspielige Schritte beinhaltet. Dennoch dürfte das neue Verfahren in der Kunstwelt auf grosses Interesse stossen, wenn es darum geht, die Echtheit von berühmten Gem?lden zuverl?ssig nachzuweisen.
Literaturhinweis
Hendriks L et al. Uncovering modern paint forgeries by radiocarbon dating. PNAS, published online June 3rd 2019. DOI: externe Seite 10.1073/pnas.1901540116