Ein superschneller «Lichtschalter» für künftige Autos und Computer

Selbstfahrende Autos werden seit einigen Jahren immer besser und zuverl?ssiger. Bevor sie wom?glich bald schon vollkommen autonom auf den Strassen unterwegs sein d¨¹rfen, sind allerdings noch einige H¨¹rden zu nehmen. Vor allem die blitzschnelle Erfassung der Umgebung und das Erkennen von Personen und Hindernissen bringt heutige Technologien an ihre Grenzen.

Wissenschaftler um J¨¹rg Leuthold vom Institut f¨¹r Elektromagnetische Felder an der ETH Z¨¹rich haben nun gemeinsam mit Kollegen des National Institute of Standards and Technology (NIST) in den USA und der Chalmers University in G?teborg (Schweden) einen neuartigen elektrooptomechanischen Schalter entwickelt, mit dem sich vielleicht in Zukunft beide Probleme elegant l?sen lassen.

Plasmonik als Zaubermittel

Das Zaubermittel, das die Forscher dabei verwendeten, heisst Plasmonik. Bei dieser Technik werden Lichtwellen in Strukturen gezw?ngt, die viel kleiner sind als die Wellenl?nge des Lichts ¨C was eigentlich nach den Gesetzen der Optik gar nicht geht. M?glich wird es dadurch, dass man das Licht an der Grenzfl?che zwischen einem Metall und einem Dielektrikum, also einer elektrisch schwach- oder nichtleitenden Substanz wie etwa Luft oder Glas, entlang leitet.

Die elektromagnetischen Wellen des Lichts dringen dabei teilweise in das Metall ein und regen dort Elektronen zum Schwingen an, wodurch ein Zwitterwesen aus Lichtwelle und elektronischer Anregung entsteht ¨C das Plasmon.

Vor mehr als zehn Jahren prophezeiten namhafte Physiker bereits, dass auf Plasmonen basierende optische Schalter eine Revolution in der Daten¨¹bertragung und Datenverarbeitung einl?uten k?nnten, da beides mit Photonen viel schneller geht als mit herk?mmlicher Elektronik. Bislang scheiterten kommerzielle Anwendungen allerdings an den grossen Verlusten, die beim Transport von Photonen durch plasmonische Bauteile entstehen, sowie an den hohen ben?tigten Schaltspannungen.                                     

St?rken der Plasmonik ausgenutzt

?Diese Probleme haben wir nun gel?st, indem wir die guten Eigenschaften der Plasmonik ausgenutzt und die schlechten minimiert haben?, sagt Postdoktorand Christian Haffner, der als Erstautor des soeben erschienenen Science-Artikels das Projekt geleitet hat. Herzst¨¹ck des von Haffner und Kollegen entwickelten elektrooptomechanischen Schalters ist eine nur 40 Nanometer d¨¹nne und wenige Mikrometer breite Goldmembran, die durch eine Aluminiumoxidscheibe von einem Siliziumsubstrat getrennt ist.

Die Gr?sse des Spalts zwischen Goldmembran und Substrat kann dabei durch elektrische Kr?fte mechanisch kontrolliert werden. Legt man eine Spannung an, so biegt sich die Membran leicht, und der Spalt wird kleiner.

Die Gr?sse des Spaltes wiederum entscheidet dar¨¹ber, ob eine Lichtwelle einfach geradeaus weiterfliegt oder um die Goldmembran herum abgelenkt wird. Hier kommen die Plasmonen ins Spiel: F¨¹r eine bestimmte Spaltbreite lassen sich nur Plasmonen mit einer bestimmten Wellenl?nge auf der Goldmembran anregen. Hat das Licht eine andere Wellenl?nge, so wird es nicht an die Membran gekoppelt und breitet sich gradlinig im Silizium-Wellenleiter aus.

Geringe Verluste und Schaltspannung

?Dadurch, dass wir Plasmonen nur f¨¹r das kurze St¨¹ck um die Schaltmembran herum benutzen, haben wir wesentlich geringere Verluste als in bisherigen elektrooptischen Schaltern?, erkl?rt Haffner. ?Zudem haben wir die Goldmembran sehr klein und d¨¹nn gemacht, so dass wir sehr schnell und mit geringer Spannung schalten k?nnen.? Bereits jetzt konnten die Wissenschaftler zeigen, dass ihr neuer Schalter mehrere Millionen Mal in der Sekunde ein- und ausgeschaltet werden kann, und das mit einer elektrischen Spannung von nur etwas mehr als einem Volt.

Dadurch werden sperrige und stromfressende Verst?rker, wie sie bisher f¨¹r elektrooptische Schalter ¨¹blich waren, ¨¹berfl¨¹ssig. In Zukunft wollen die Forscher ihren Schalter weiter verbessern, indem sie den Spalt zwischen Gold und Silizium noch kleiner machen. Dadurch lassen sich sowohl die Lichtverluste als auch die Steuerspannung deutlich verringern.

Vom Auto bis zu Quantentechnologien

Anwendungspotenzial f¨¹r den neuen Schalter gibt es reichlich. So k?nnten etwa LIDAR-Systeme (?Light Detection and Ranging?, deutsch: Lasergest¨¹tzte Abstandsmessung) f¨¹r selbstfahrende Autos, bei denen die Intensit?t und Ausbreitungsrichtung von Lichtstrahlen extrem schnell ver?ndert werden muss, von den schnellen und kompakten Schaltern profitieren. Und auch die Mustererkennung, die f¨¹r die Steuerung der Autos n?tig ist, kann mit solchen Schaltern schneller gemacht werden.

Dazu k?nnte man die Schalter in optischen neuronalen Netzwerken einsetzen, die dem menschlichen Gehirn nachempfunden sind. Dort w¨¹rden sie als Gewichtungselemente genutzt, mit denen das Netzwerk ?lernt?, bestimmte Objekte zu erkennen ¨C und das praktisch mit Lichtgeschwindigkeit.   

Solche optischen Umsetzungen von Schaltkreisen, die normalerweise mit elektrischem Strom funktionieren, sind auch in anderen Bereichen ein brandaktuelles Thema. F¨¹r die Realisierung von Quantentechnologien beispielsweise (wie sie im j¨¹ngst neu gestarteten Masterstudiengang Quantum Engineering an der ETH Z¨¹rich gelehrt werden) werden optische Quantenschaltkreise ebenfalls intensiv erforscht. Bislang werden optische Quantenschaltkreise von klassischen optischen Schaltern unterst¨¹tzt.

Diese Schalter beruhen zumeist auf einer ?nderung des Brechungsindex eines Materials durch Erhitzen, wodurch die Lichtstrahlen verschieden stark abgelenkt werden. Das funktioniert allerdings nur langsam und ist auf lange Sicht unvereinbar mit den niedrigen Temperaturen, bei denen andere Quantenelemente in der Regel funktionieren, wie etwa die Quanten-Bits oder ?Qubits? (entsprechend den klassischen Bits, die ?0? und ?1? darstellen) eines Quantencomputers. Ein schneller Schalter, der sich praktisch ¨¹berhaupt nicht erhitzt, d¨¹rfte deshalb auch f¨¹r solche Anwendungen h?chst willkommen sein.