Gewellte Oberflächen für bessere Lichtkontrolle
Forschende der ETH Zürich haben ein Verfahren zur Herstellung von gewellten Oberfl?chen mit Nanometer-Pr?zision entwickelt. Damit k?nnen in Zukunft zum Beispiel optische Bauteile, die zur Datenübertragung im Internet verwendet werden, noch leistungsf?higer und kompakter werden.
Wie wichtig auf Licht basierende Technologien für unsere Gesellschaft sind, wurde in den letzten Wochen wieder deutlich. Dank des Internets k?nnen Millionen Menschen im Homeoffice arbeiten, in virtuelle Klassenr?ume eintreten oder mit Verwandten und Freunden sprechen. Das Internet wiederum verdankt seine Leistungsf?higkeit unz?hligen Lichtpulsen, mit denen über Glasfasern enorme Datenmengen rund um den Globus verschickt werden.
Um diese Lichtpulse zu lenken und zu kontrollieren, kommen verschiedene Technologien zum Einsatz. Eine der ?ltesten und wichtigsten ist das Beugungsgitter, mit dem verschiedenfarbiges Licht in genau vorbestimmte Richtungen abgelenkt wird. Seit Jahrzehnten versuchen Wissenschaftler, das Design und die Herstellung von Beugungsgittern zu verbessern und die Gitter den anspruchsvollen Anwendungen von heute anzupassen. An der ETH Zürich haben Forschende um David Norris, Professor am Departement Maschinenbau und Verfahrenstechnik, eine v?llig neue Methode entwickelt, mit der effizientere und pr?zisere Beugungsgitter hergestellt werden k?nnen. Sie taten dies gemeinsam mit Kollegen, die jetzt an der Universit?t Utrecht arbeiten, und der Firma Heidelberg Instruments Nano, die als ETH-Spin-off SwissLitho gegründet wurde. Ihre Ergebnisse ver?ffentlichten sie kürzlich in der Wissenschaftszeitschrift externe Seite Nature.
Interferenz durch Rillen
Beugungsgitter beruhen auf dem Prinzip der Interferenz. Wenn eine Lichtwelle auf eine gerillte Oberfl?che f?llt, so wird sie in viele kleinere Wellen aufgeteilt, die jeweils von einer Rille ausgehen. Wenn diese Wellen die Oberfl?che verlassen, k?nnen sie sich entweder gegenseitig verst?rken oder ausl?schen, je nach ihrer Ausbreitungsrichtung und Wellenl?nge (die mit ihrer Farbe zusammenh?ngt). Dies erkl?rt, warum die Oberfl?che einer mit weissem Licht beleuchteten CD, auf der Daten in feinen Rillen gespeichert sind, einen Regenbogen an reflektierten Farben erzeugt.
Damit ein Beugungsgitter richtig funktioniert, müssen seine Rillen einen ?hnlichen Abstand haben wie die Wellenl?nge des Lichts, also in etwa einen Mikrometer – hundertmal kleiner als ein menschliches Haar. ?Traditionell werden diese Rillen mit Herstellungsmethoden der Mikroelektronik in die Materialoberfl?che ge?tzt?, sagt Nolan Lassaline, Doktorand in Norris’ Arbeitsgruppe und Erstautor der Studie. ?Das bedeutet allerdings, dass die Rillen des Gitters treppenartig-kantige Seitenw?nde haben. Andererseits sagt uns die Physik, dass die Rillen glatt und gewellt sein sollten wie die gekr?uselte Wasseroberfl?che eines Sees.? Mit traditionellen Verfahren hergestellte Rillen k?nnen daher nur eine grobe N?herung darstellen, was zur Folge hat, dass das Beugungsgitter Licht weniger effizient lenkt. Dank eines v?llig neuen Ansatzes haben Norris und seine Mitarbeiter nun eine L?sung für dieses Problem gefunden
Oberfl?chenbearbeitung mit heisser Sonde
Ihr Ansatz beruht auf einer Technologie, die ebenfalls aus Zürich stammt. ?Unsere Methode ist sozusagen ein Urenkel des Rastertunnelmikroskops, das die sp?teren Nobelpreistr?ger Gerd Binnig und Heinrich Rohrer vor knapp vierzig Jahren in Zürich erfunden haben?, sagt Norris. In einem solchen Mikroskop werden Materialoberfl?chen mittels einer extrem spitzen Sonde mit hoher Aufl?sung abgetastet. Die so entstandenen Bilder zeigen sogar einzelne Atome des Materials.
Umgekehrt kann man die spitze Sonde aber auch benutzen, um ein Material damit zu bearbeiten und so gewellte Oberfl?chen herzustellen (siehe Bild). Dazu heizen die Forscher die Spitze einer Rastersonde auf fast 1000 Grad Celsius und drücken sie an bestimmten Stellen in eine Polymerschicht. Dadurch brechen die Moleküle des Polymers an diesen Stellen auseinander und verdampfen, wodurch die Oberfl?che pr?zise geformt werden kann. Punkt für Punkt k?nnen die Wissenschaftler so beliebige Oberfl?chenprofile mit einer Aufl?sung von wenigen Nanometern in die Polymerschicht schreiben. Zum Schluss wird eine Silberschicht auf das Polymer aufgedampft und das Profil so auf ein optisches Material übertragen. Die Silberschicht kann dann vom Polymer abgel?st und als reflektierendes Beugungsgitter verwendet werden kann.
?Auf diese Weise k?nnen wir beliebig geformte Beugungsgitter mit einer Aufl?sung von wenigen Atomabst?nden in der Silberschicht herstellen?, sagt Norris. Anders als bei den traditionellen kantigen Rillen sind solche Gitter sind nun keine N?herungen mehr, sondern praktisch perfekt, und sie lassen sich so formen, dass die Interferenz der reflektierten Lichtwellen pr?zise kontrollierbare Muster bildet.
Eine Vielzahl von Anwendungen
Solche perfekten Beugungsgitter er?ffnen neue M?glichkeiten der Lichtkontrolle, die zu einer Reihe von Anwendungen führen, sagt Norris: ?Die neue Technik kann beispielsweise dazu verwendet werden, winzige Beugungsgitter in integrierte Schaltkreise einzubauen, mit denen optische Signale für das Internet noch effizienter gesendet, empfangen und verteilt werden k?nnen.? Lassaline fügt hinzu: ?Generell k?nnen wir mit solchen Beugungsgittern stark miniaturisierte optische Ger?te wie etwa Mikro-Laser herstellen, die in einen Chip integriert sind.? Diese miniaturisierten Ger?te, sagt er, reichen von ultra-dünnen Kameralinsen bis hin zu kompakten Hologrammen mit sch?rferen Bildern. Sie werden voraussichtlich verschiedenste optischen Technologien beeinflussen, wie etwa futuristische Handykameras, Biosensoren oder autonomes maschinelles Sehen für Roboter und selbstfahrende Autos.
Literaturhinweis
Lassaline N, Brechbühler R, Vonk SJW, Ridderbeek K, Spieser M, Bisig S, le Feber B, Rabouw FT, Norris DJ: Optical Fourier surfaces. Nature, 24. Juni 2020, doi: externe Seite 10.1038/s41586-020-2390-x