Aerosole verändern Sonneneinstrahlung über Jahrzehnte

In den sp?ten 1980er und 1990er Jahren fanden Forschende der ETH Z¨¹rich erste Hinweise darauf, dass die Sonneneinstrahlung auf der Erdoberfl?che seit den 1950er Jahren laufend abgenommen hatte. Bekannt wurde das Ph?nomen als ?global dimming? ¨C ein weltweites Abdunkeln der Atmosph?re. Ab den sp?ten 1980er Jahren aber setzte ein ?brightening? ein. Die Atmosph?re hellte vielerorts wieder auf, die Einstrahlung auf der Erdoberfl?che nahm zu.

?Wir haben in fr¨¹heren Arbeiten gezeigt, dass die Sonneneinstrahlung an der Erdoberfl?che ¨¹ber Jahrzehnte hinweg nicht konstant ist, sondern substanzielle Variationen zeigt - ein Ph?nomen, das unter dem Begriff ?global dimming and brightening? bekannt geworden ist?, sagt ETH-Professor Martin Wild vom Institut f¨¹r Atmosph?re und Klima.

Nat¨¹rliche Schwankungen oder Luftverschmutzung?

Weshalb es zu den ¨¹ber Jahrzehnten beobachteten Schwankungen kam, ist jedoch nur unzureichend gekl?rt. Besonders umstritten ist, ob die Schwankungen durch die Luftverschmutzung und die damit verbundene Blockierung des Sonnenlichts durch Aerosole verursacht werden oder ob sie eher eine Folge nat¨¹rlicher Schwankungen im Klimasystem sind.

So vermuteten einige Wissenschaftler, dass sich die Wolkenbedeckung ¨¹ber Jahrzehnte ver?ndert haben k?nnte, und so die Sonnenstrahlung w?hrend der Abdunkelungsphase st?rker d?mpfte als w?hrend der Aufhellphase.

Martin Wild und Kollegen von weiteren Forschungsanstalten analysierten deshalb Messdaten aus den Jahren 1947 bis 2017 der unter Klimaforschenden ber¨¹hmten Strahlungsmessreihe Potsdam. Dabei handelt es sich um eine der l?ngsten und am besten unterhaltenen kontinuierlichen Messungen der Sonneneinstrahlung auf die Erdoberfl?che.

Abdunkelung auch bei wolkenfreiem Himmel

Damit konnten sie nun in einer neuen Studie zeigen, dass diese Schwankungen nicht auf nat¨¹rliche Ver?nderungen in der Wolkenbedeckung zur¨¹ckzuf¨¹hren sind, sondern variierenden menschgemachten Aerosolen zugrunde liegen. Die Arbeit wurde soeben in der Fachzeitschrift externe Seite ?Geophysical Research Letters? ver?ffentlicht.

?Bei unserer Analyse filterten wir den Einfluss der Wolken heraus, um zu sehen, ob diese l?ngerfristigen Schwankungen in der Einstrahlung auch bei wolkenfreiem Himmel auftraten?, erkl?rt Wild. Und tats?chlich: Die Schwankungen der Sonnenstrahlung waren auch ohne Wolken erkennbar.

Als Hauptfaktor f¨¹r die Abdunkelung identifizierten die Forscher Aerosole, die aufgrund der Luftverschmutzung in die Atmosph?re gelangten. ?Das haben wir zwar vermutet, konnten es aber bisher nicht direkt nachweisen?, sagt der ETH-Professor.

Aufhellung nach wirtschaftlichem Zusammenbruch

F¨¹r die menschverursachte Variation spricht auch, dass der ?bergang von Abdunkelung zur Aufhellung mit dem wirtschaftlichen Zusammenbruch der fr¨¹heren kommunistischen L?nder Ende der 80er Jahre zusammenfiel. In dieser Zeit f¨¹hrten zudem viele westliche Industriel?nder strengere Luftreinhaltemassnahmen ein, was die Luftqualit?t massiv verbesserte. Und nicht zuletzt erholte sich die Atmosph?re vom Ausbruch des Pinatubo, der 1991 riesige Mengen an Aerosolen in die Luft geschleudert hatte.

Bereits in einer fr¨¹heren Studie konnten Wild und Kollegen zudem Schwankungen in der Sonnenaktivit?t ausschliessen. ?Die Sonne selbst hatte nur einen winzigen vernachl?ssigbaren Effekt, der nicht an die beobachtete Gr?ssenordnung des Strahlungsr¨¹ckgangs heranreicht?, sagt der Forscher.

Dimming verringerte Verdunstung und Niederschlag

Die Sonneneinstrahlung an der Erdoberfl?che ist bei Klimafragen eine zentrale Gr?sse. Sie beeinflusst nicht nur die Temperatur, sondern auch den Wasserkreislauf grundlegend, indem sie die Verdunstung steuert, was wiederum die Wolkenbildung und den Niederschlag beeinflusst. So verdunstete w?hrend des globalen Dimmings weniger Wasser von der Erdoberfl?che, und der Niederschlag ging weltweit zur¨¹ck.

Auch die Kryosph?re, also die Gletscher- und Eiswelten, wird von der Strahlung beeinflusst. ?Der R¨¹ckgang unserer Gletscher beschleunigte sich, als sich die Atmosph?re wieder aufzuhellen begann?, sagt Wild. ?Und auch f¨¹r die Solarindustrie ist ein besseres Verst?ndnis dieser Schwankungen von zunehmender Bedeutung bei der Planung ihrer Anlagen.?

In Potsdam betreibt der Deutsche Wetterdienst ein Observatorium, das seit 1937 die Sonneneinstrahlung misst. Damit verf¨¹gt die Station ¨¹ber eine der weltweit l?ngsten Strahlungsmessreihen. ?Ich bin sehr dankbar f¨¹r Messdaten, die viele Jahrzehnte umfassen, denn nur dank solchen Messreihen k?nnen wir Umwelt- und Klimaver?nderungen festhalten und sichtbar machen?, betont Martin Wild. Es sei deshalb dringend n?tig, weltweite Messnetze zu unterhalten, die ¨¹ber sehr lange Zeit betrieben werden. Das sei zwar wenig spektakul?r und schwierig zu finanzieren. ?Wollen wir den Klimawandel verstehen und den Einfluss des Menschen kl?ren, m¨¹ssen wir ¨¹ber ausreichend lange Messreihen verf¨¹gen?, sagt der Klimaforscher. Zu diesem Zweck unterh?lt die ETH auch das sogenannte ?Globale Energiebilanz Archiv (GEBA)?, das eine einzigartige Sammlung von weltweiten Strahlungsmessreihen enth?lt.