Anspruchsvolle Wanderjahre
An der ETH forschen und lehren über 1500 Postdocs. Nur ein kleiner Teil von ihnen wird sp?ter auf eine Professur berufen. Um Postdocs noch besser zu unterstützen, veranstaltete die ETH Anfang Februar eine Karrierewoche mit zahlreichen Vortr?gen und Workshops.
Wer Professorin oder Professor werden will, hat es nicht einfach. Hochwertige Publikationen in renommierten Fachzeitschriften, m?glichst viele Drittmittel aus nationalen oder internationalen F?rdert?pfen und ein breites Netzwerk bilden die Bausteine einer erfolgreichen wissenschaftlichen Karriere. Nach der Promotion stehen den jungen Forschenden meist nur wenige Jahre zur Verfügung, um diesen Leistungsnachweis zu erbringen. Diese Zeit zwischen dem erfolgreichen Abschluss eines Doktorats und einer permanenten Anstellung als Professor oder Senior Scientist wird meist als Postdoc oder Postdoktorat bezeichnet.
?Für viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist diese Phase eine der herausforderndsten und gleichsam spannendsten in ihrem Forscherleben?, erkl?rt Robert Schikowski vom Stab Forschung, der an der ETH den regelm?ssig stattfindenden Orientierungsanlass ?Postdocs welcome!? mitorganisiert. Es gelte, so Schikowski, ein eigenst?ndiges Forschungsprofil zu entwickeln und gleichzeitig herauszufinden, welchen Karriereweg man einschlagen m?chte. In der Regel führt der Weg über mehrere befristete Anstellungen an unterschiedlichen Universit?ten und fordert ein hohes Mass an Mobilit?t und Eigenst?ndigkeit. Eine Garantie, auf eine Professur berufen zu werden, gibt es aber auch nach Jahren harter Forschungsarbeit und pers?nlicher Entwicklung nicht. Nur ein kleiner Teil der Postdocs schafft den Sprung auf eine Professur oder eine unbefristete Festanstellung in der Wissenschaft.
Karriereplanung m?glichst früh beginnen
An der ETH forschen und lehren aktuell über 1500 Postdocs aus über 100 Nationen. Im Durchschnitt bleiben Sie zweieinhalb Jahre, bevor sie sich neuen beruflichen Herausforderungen innerhalb oder ausserhalb der Wissenschaft zuwenden. Eine dieser Postdocs ist Evgeniya Vorobyeva. Die gebürtige Russin entwickelt am Departement für Maschinenbau und Verfahrenstechnik Methoden zur elektrochemischen Reduktion von CO2. In ihrer Freizeit koordiniert sie das Netztwerk Postdoc + der akademischen Vereinigung des Mittelbaus der ETH (AVETH), das sich der Vertretung, Vernetzung und Unterstützung von Postdocs an der ETH widmet.
Die junge Forscherin will ihre Kolleginnen und Kollegen ermutigen, das Thema Karriereplanung m?glichst früh und proaktiv anzugehen: ?Als Postdoc bin ich selbst dafür verantwortlich, mir Karriereziele zu setzen und zu identifizieren, welche F?higkeiten und Kontakte für deren Erreichung notwendig sind?, sagt Vorobyeva. Sie selbst bildet sich nebenbei in den Bereichen Führung, Kommunikation und Projektmanagement weiter, um sich m?glichst gut für den n?chsten Karriereschritt zu positionieren.
Wie die ETH ihre Postdocs unterstützt
Postdocs tragen mit ihrer Arbeit und ihrem Engagement in hohem Masse zu den wissenschaftlichen Leistungen und damit auch zum Renommee der ETH bei. Im Gegenzug hat die ETH ein grosses Interesse daran, dass Postdocs ihre erworbenen F?higkeiten im Verlauf ihrer Karrieren erfolgreich nutzen und anwenden k?nnen. Nachwuchsforschenden an der ETH stehen dafür eine Reihe von Veranstaltungen, Kursen und Trainings zur Verfügung, die sowohl für wissenschaftliche als auch nichtwissenschaftliche Karrieren relevant sind. Gleichzeitig f?rdert die Hochschule Postdocs durch ?ETH Fellowships? und ?Career Seed Grants?. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl an nationalen und internationalen Stipendien, Fellowships und Grants, die sich spezifisch an Postdocs und fortgeschrittene Senior Scientists richten.
Wer sich bei der Stellensuche oder beim Bewerbungsprozess auch noch individuell beraten lassen will, dem bietet das Career Center der ETH ein umfassendes Angebot. ?In unseren Gespr?chen mit Studierenden und Forschenden betonen wir immer wieder, wie wichtig überfachliche Kompetenzen für die eigene Karriere sind; unabh?ngig davon, ob diese in oder ausserhalb der Wissenschaft stattfindet?, sagt Evelyne Kappel, die Leiterin des Centers.
Eine Karrierewoche für Postdocs
Um Postdocs noch umfassender bei ihrer Karriereplanung zu unterstützen, veranstaltete die Personalabteilung der ETH gemeinsam mit dem Stab Forschung, dem ETH Career Center und der AVETH Anfang Februar erstmals eine ?Postdoc-Karrierewoche?. Vier Tage lang diskutierten über 370 Teilnehmende im Rahmen von 10 virtuellen Vortr?gen und Workshops, welche Karrierechancen sich Postdocs innerhalb und ausserhalb der Wissenschaft bieten. Im Fokus standen Fragen zum oft langen und steinigen Weg bis zur Professur, zu alternativen Karrierem?glichkeiten ausserhalb der Wissenschaft und zur Zukunft des Postdoktorats.
?Wir wollten eine vielf?ltige Informationsveranstaltung anbieten, die sowohl für Forschende relevant ist, die eine akademische Karriere anstreben, als auch für jene, die vor einem Wechsel in die Privatwirtschaft oder in den ?ffentlichen Sektor stehen?, erkl?rt Peter Dorthe, Co-Projektleiter aus der ETH-Personalabteilung. Vor allem letztere stehen oft vor der Herausforderung, ihr Fachwissen und ihre spezifischen F?higkeiten potentiellen Arbeitgebern zu vermitteln. Im Rahmen eines simulierten Vorstellungsgespr?chs konnten die Teilnehmenden der Karrierewoche daher selbst beobachten, mit welchen Fragen Jobsuchende typisch konfrontiert werden.
Ein klares Statement der Schulleitung
Dass die ETH mit der Karrierewoche für Postdocs auch ein Zeichen setzen will, wurde durch die Teilnahme von Julia Dannath-?Schuh, der neuen Vizepr?sidentin für Personalentwicklung und Leadership, sowie Detlef Günther, Vizepr?sident für Forschung, am abschliessenden Podium deutlich. ?Wir betrachten die Postdocs als eine wichtige Zielgruppe mit sehr grossem Potenzial und freuen uns, dass sie sich auch selbst so stark engagieren?, sagt Günther. Die zahlreichen positiven Reaktionen der Teilnehmenden zeigten, dass dieses Engagement gesch?tzt wird.