Risiko für Vertreibungen steigt mit dem Klimawandel stark an
Das Risiko, dass Menschen durch ?berflutungen aus ihrem Zuhause vertrieben werden, steigt mit jedem zus?tzlichen Grad globaler Erw?rmung um die H?lfte an. Das zeigt ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Professur für Wetter- und Klimarisiken der ETH Zürich.
Jedes Jahr müssen Millionen von Menschen rund um den Globus aufgrund klimabedingter Unwetter aus ihren H?usern flüchten. Allein in den letzten sechs Monaten z?hlte die Internationale Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung 10,3 Millionen Vertriebene – viermal mehr als im gleichen Zeitraum durch Kriege und Konflikte vertrieben wurden. Eine der haupts?chlichen Ursachen für Vertreibungen sind ?berschwemmungen. Jüngstes Beispiel: Ostaustralien. Zehntausende von Menschen müssen ihr Zuhause verlassen, um sich vor der Jahrhundertflut in Sicherheit zu bringen.
Ein internationales Forschungsteam unter Federführung der Professur für Wetter- und Klimarisiken der ETH Zürich hat nun eine neue Studie ver?ffentlicht. Diese hatte zum Ziel, die künftigen Vertreibungsrisiken aufgrund von ?berflutungen durch über die Ufer tretende Flüsse besser zu verstehen, sowie den Einfluss von Klimawandel, demografischen und sozio?konomischen Faktoren auf diese Risiken abzusch?tzen.
Bev?lkerungswachstum l?sst Risiko stark steigen
So zeigen die Forschenden anhand von verschiedenen Klima-, Hydrologie- und Bev?lkerungsverteilungsmodellen, dass sich das Risiko für überflutungsbedingte Vertreibungen pro Grad globaler Erw?rmung um über 50 Prozent (gegenüber dem Jahr 2010) erh?ht, für den Fall, dass die Bev?lkerungszahl auf dem heutigen Stand stabilisiert werden k?nnte.
Allerdings nimmt Weltbev?lkerung derzeit zu. Bleibt die Bev?lkerung auf dem heutigen Wachstumskurs, wird das Vertreibungsrisiko stark erh?ht: Es steigt bis Ende des Jahrhunderts im weltweiten Durchschnitt um bis zu 110 Prozent – unter der Voraussetzung, dass die Welt das Pariser Klimaziel einer globalen Erw?rmung von h?chstens zwei Grad Celsius einhalten kann.
Noch dramatischer k?nnte sich das Risiko entwickeln, wenn sich der Klimawandel weniger stark bremsen l?sst und die Schere zwischen Reich und Arm weiter auseinandergeht. Die Forscher errechneten dafür ein um bis zu 350 Prozent h?heres Vertreibungsrisiko durch ?berschwemmungen.
Risiken durch Planung und Schutzbauten mindern
Noch k?nnten diese Risiken vermindert werden, etwa durch entsprechende Raum- und Stadtplanung oder durch Schutzbauten wie D?mmen. ?Unser Erkenntnisse machen deutlich, dass wir rasch handeln müssen, sowohl bei der Bek?mpfung der Klimaerw?rmung als auch bei Anpassungsmassnahmen, um künftige Risiken insbesondere für verletzliche Bev?lkerungsgruppen zu verringern?, sagt die Erstautorin der Studie, Pui Man Kam, Doktorandin bei ETH-Professor David N. Bresch. ?Oft treffen ?berschwemmungen die sozio?konomisch verwundbarsten Gruppen, da diese oft in Gegenden siedeln, die vor Naturkatastrophen schlecht geschützt sind?, betont sie.
Für ihre Untersuchung nutzten die Forschenden miteinander verknüpfte globale Klima-, Hydrologie- und ?berflutungsmodellierungen. Damit konnten sie die Auswirkung der globalen Erw?rmung auf das Vertreibungsrisiko sowohl für die gegenw?rtige als auch für die zukünftige Bev?lkerungsverteilung berechnen. Die Studie wurde soeben in der Fachzeitschrift ?Environmental Research Letters? ver?ffentlicht.
?Weil ?berschwemmungen der wichtigste Faktor für Vertreibungen sind, und weil Hochw?sser durch den Klimawandel stark beeinflusst werden, müssen wir zwingend mehr darüber wissen, wie sich die Risiken ver?ndern?, sagt ETH-Doktorandin Kam.
Literaturhinweis
Kam PM, Aznar-Siguan G, Schewe J, Milano L, Ginnetti J, Willner S, McCaughey JW, Bresch DN: Global warming and population change both heighten future risk of human displacement due to river floods. Environmental Research Letters, 24. M?rz 2020, doi: externe Seite 10.1088/1748-9326/abd26c