Pioniere einer nachhaltigen Architektur
Für ihre soziale und nachhaltige Architektur erhielten die emeritierte ETH-Professorin Anne Lacaton und ihr Partner Jean-Philippe Vassal den diesj?hrigen Pritzker-Preis. Dieser gilt als der Nobelpreis der Architektur. Die ETH feierte diesen Erfolg am Mittwoch mit einem virtuellen Ehrenanlass, an dem neben den beiden Preistr?gern auch ETH-Pr?sident Jo?l Mesot teilnahm.
Jedes Bauwerk ist ein Abbild der ?konomischen, sozialen und kulturellen Wertvorstellungen seiner Zeit. Doch manchmal ist Architektur ihrer Zeit voraus. Dann bildet sie die gesellschaftlichen Verh?ltnisse nicht nur ab, sondern leistet einen Beitrag dazu, sie zu ver?ndern. Die nachhaltige und soziale Architektur von Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal geh?rt zu dieser Kategorie. Dafür wurde das Pariser Architekturduo im M?rz mit dem Pritzker-Preis ausgezeichnet.
Anne Lacaton ist erst die sechste Frau, der diese Ehre zu Teil wird. Gleichzeitig ist sie die erste ETH-?Professorin, die eine international so hochstehende Auszeichnung entgegennehmen darf. Die ETH feierte diese aussergew?hnliche Leistung am Mittwoch mit einem Ehrenanlass, an dem neben den beiden Preistr?gern und ETH Pr?sident Jo?l Mesot über 500 weitere G?ste virtuellen teilnahmen.
Nachhaltig und trotzdem sozial
Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal verschrieben sich schon früh einer nachhaltigen Architektur. Sie hatten lange bevor dies modern wurde, den Mut, bestehende Bauwerke auf eine ?konomische und humane Art und Weise zu rehabilitieren, sagte ETH-Professor Christophe Girot in seiner Laudatio. Bis heute hat das Architekturduo nie ein Geb?ude abgerissen, um ein neues zu bauen.
?Die Entwürfe von Lacaton und Vassal waren immer Ausdruck ihrer sozialen und ?kologischen ?berzeugungen. Sie weisen den Weg zu einer koh?renten Einfachheit in der Architektur, welche die Bewohner in den Mittelpunkt stellt?, erkl?rte Girot. Geleitet vom Credo, mit m?glichst wenig Material den gr?sstm?glichen Raum für Menschen zu schaffen, seien ihre Bauten ein eindrücklicher Beweis dafür, dass nachhaltige Architektur auch sozial sein k?nne.
Bescheidenheit als architektonische Haltung
Anne Lacaton wurde 2017 als ausserordentliche Professorin für Architektur und Entwurf an das Departement für Architektur berufen. Welchen Einfluss sie in den drei Jahren an der ETH auf ihr Umfeld hatte, kommt in einer Videobotschaft zum Ausdruck, die w?hrend der Veranstaltung gezeigt wurde. Darin schildern ehemalige Studierende, Mitarbeitende und Kolleginnen und Kollegen die Architektin als einen überaus offenen, respektvollen und bescheidenen Menschen. Ob Stararchitekt oder Student im ersten Semester, Anne Lacaton begegnete anderen immer mit der gleichen Neugier und Aufmerksamkeit.
Bescheidenheit und Offenheit liegen auch ihrer architektonischen Haltung zu Grunde: Ihre Architektur ist einfühlsam, nicht anmassend. Denn nur wer sich unvoreingenommen auf einen Ort und seine Gegebenheiten einl?sst und zun?chst seine eigene Unwissenheit akzeptiert, ist auch in der Lage angemessene bauliche L?sungen zu entwickeln. Diese Haltung, so ETH-Pr?sident Jo?l Mesot, verdient nicht nur in der Architektur, sondern auch in der Wissenschaft im allgemeinen gr?ssere Beachtung.