Tests auf der Limmat gegen Plastik in den Meeren
Studierende der ETH Zürich testen diesen Sommer auf der Limmat verschiedene Technologien zur automatischen Entfernung von Abfall. Das Projekt ?Autonomous River Cleanup? setzt bei den Flüssen an, um gegen das globale Problem der Meeresverschmutzung vorzugehen.
Jedes Jahr landen Millionen von Tonnen Zivilisationsmüll in den Weltmeeren. Den gr?ssten Teil machen Kunststoffe aus. Sie zerfallen sehr langsam und bedrohen neben Meereslebewesen und ?kosystemen auch unsere Gesundheit. Studierende der ETH Zürich suchen seit 2019 im Rahmen der Initiative ?Autonomous River Cleanup? nach technischen L?sungen, um dieses Problem zu lindern. Dass dabei Flüsse im Fokus stehen, hat prim?r einen praktischen Grund. Wenn Plastikabf?lle erst einmal im Meer gelandet sind, wird es deutlich schwieriger bis unm?glich, sie effektiv zu entfernen, denn dort verteilen sie sich weit und zerfallen in immer kleinere Partikel. ?In Flüssen sind die Abf?lle eher konzentriert und intakt, was ein Entfernen erleichtern kann?, erkl?rt Fidel Esquivel, ETH-Masterstudent in Robotics, Systems and Control und Gründungsmitglied des ARC-Projekts.
Ein effizientes und intelligentes System als Ziel
Die Studierenden haben dafür im Labor verschiedene Technologien analysiert, die sie nun erstmals in einer realistischen Umgebung und im Zusammenspiel miteinander testen. Die Testanlage steht auf der Limmat auf H?he des Zürcher Platzspitz. Bis Ende August untersuchen die Studierenden unter anderem drei Schritte, die für die Abfallentfernung zentral sind: Die Konzentration an einem Ort, die Sammlung und die Sortierung. Zudem m?chten Sie mittels Kameras an der Walchebrücke die Menge und Zusammensetzung des Abfalls im Fluss einsch?tzen. Für die Konzentration von Abfall an einem Ort testet die Gruppe verschiedene Ans?tze, die sie teilweise kombiniert – darunter eine schwimmende Barriere und eine Schranke aus Luftblasen. Um das Material auf der Testplattform zu sammeln, nutzen die Studierenden ein F?rderband und testen dabei dessen optimale Ausrichtung. Ein Roboterarm mit Kamera soll die Abf?lle schliesslich nach Material trennen, wobei Biomasse zurück ins Wasser gelangt. Dabei wird sich zeigen, ob die eigens programmierten Deep-Learning-Algorithmen die Objekte richtig erkennen. Um den Weg des Abfalls zu untersuchen, nutzen die Studierenden unter anderem schwimmende GPS-Tracker. Die Ergebnisse der Tests werden im Anschluss auf der Projektwebsite ver?ffentlicht.
Das ARC-Projekt soll in verschiedenen Aspekten einen Wissenszuwachs bringen – Zum Beispiel in der Frage, wie man Abfall in Gew?ssern quantifizieren k?nnte. Die Menge von Plastik und anderem Zivilisationsmüll, der in Flüssen und Meeren landet, ist n?mlich nicht pr?zise bekannt und verschiedene Studien kommen zu ganz unterschiedlichen Sch?tzungen. Weiter ist die Analyse und die Sortierung des Mülls vor Ort ein neuer Ansatz. ?In einem ersten Schritt m?chten wir dafür sorgen, dass Biomasse zurück in den Fluss gelangt, um das ?kosystem so wenig wie m?glich zu belasten. L?ngerfristig ist es aber unser Ziel, den Abfall nach Material und sogar nach verschiedenen Plastik-Arten zu trennen, um die Stoffe wiederverwerten zu k?nnen?, erkl?rt Joachim Schaeffer, Masterstudent in Energiewissenschaften und -Technologie an der ETH, der die Tests auf der Limmat leitet. Schliesslich soll das ganze System so energieeffizient und intelligent wie m?glich sein. So k?nnten sich die Intensit?t der Luftblasen und das Tempo des F?rderbands sp?ter automatisch an die erkannte Abfallmenge anpassen, wie Schaeffer ausführt.
Expansion auf st?rker verschmutzte Flüsse geplant
Der Teststandort fiel aus mehreren Gründen auf diese Stelle der Limmat. Einer davon ist die N?he zum Hauptgeb?ude und den umliegenden Laboren der ETH. Zudem fahren auf diesem Abschnitt der Limmat keine Schiffe und auch das Schwimmen ist untersagt. Die Installation wurde vom Kantonalen Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft genehmigt. Der Einfluss auf Flora und Fauna wird w?hrend der Tests weiter analysiert.
Von den Ergebnissen dieser Testphase h?ngt ab, wie sich das Projekt ARC weiterentwickelt. Die Gruppe will ihr System anhand der Resultate weiter verbessern und plant n?chstes Jahr weitere Tests auf gr?sseren, stark verschmutzten Flüssen in Afrika, Indien oder Südostasien. ?Die Limmat ist kein stark verschmutzter Fluss?, stellt Fidel Esquivel klar: ?Die Anlage dient prim?r zum Testen unseres Systems und nicht der Reinigung des Flusses – Obwohl wir schon jetzt einige Kehrichts?cke mit gesammelten Abf?llen füllen konnten.? ARC wird von verschiedenen Industriepartnern unterstützt, steht in Kontakt mit der Universit?t für Bodenkultur Wien und ist, auch international, an weiteren Partnerschaften interessiert. Das Ziel ist, mit denjenigen Technologien, die sich bew?hren, individuelle L?sungen für verschiedene Anspruchsgruppen und ?rtliche Gegebenheiten anzubieten. Das k?nnen Kundinnen und Kunden aus dem ?ffentlichen oder auch dem privaten Sektor sein.
?ber die Initiative
Das Projekt ?Autonomous River Cleanup? wurde 2019 von Studierenden am Robotic Systems Lab der ETH Zürich lanciert. Einige der 18 ETH-Studierenden im Projektteam absolvieren im Rahmen des Projekts eine Bachelor-, Master- oder Semesterarbeit. Die Initiative wird von Doktorierenden sowie Professorinnen und Professoren aus fünf verschiedenen ETH-Laboren betreut und von den drei Industriepartnern Ecolymer, Kindlimann Naval Architecture und Phoenix Mecano technologisch und finanziell unterstützt.
?ffentliche Informationsveranstaltung
Am Samstag, 3. Juli 2021, l?dt das ARC-Projektteam zu einer ?ffentlichen Informationsveranstaltung ein. Dabei stellen die Verantwortlichen Studierenden das Projekt vor und zeigen den Teilnehmenden anschliessend die Testplattform auf der Limmat. Die Veranstaltung findet physisch statt. Alle weiteren Informationen zur Veranstaltung sowie den Link für die Anmeldung finden Sie auf der Projektwebsite.