Wozu neue Wetter- und Klimamodelle?
Dass CO2 die Erde erw?rmt, wissen wir bereits. Wollen wir jedoch den Wandel verstehen und Risiken vermeiden, sind sch?rfere Wetter- und Klimamodelle unabdingbar, sagt Nicolas Gruber.
Modelle spielen in den Wetter- und Klimawissenschaften eine zentrale Rolle. Ohne Modelle w?ren robuste Wettervorhersagen über den morgigen Tag hinaus kaum m?glich. Ohne Klimamodelle wüssten wir nur sehr beschr?nkt, was genau mit der Erderw?rmung auf uns zukommt.
Trotz diesen Erfolgen wollen wir im breit abgestützten Forschungsprojekt EXCLAIM die n?chste Generation von Wetter- und Klimamodellen entwickeln.1 Diese sollen die Prozesse in der Atmosph?re und in den Ozeanen deutlich h?her aufl?sen: Das Forschungsteam, das im Rahmen des Center for Climate Systems Modeling (C2SM) arbeiten wird , will die Modell- und Dateninfrastruktur schaffen, die es erlaubt, insbesondere Stürme, Gewitter und Wolken global zu simulieren. Wir erhoffen uns davon zuverl?ssigere Wetterprognosen und pr?zisere Klimaprojektionen.
Setzen wir hier aufs richtige Pferd?
Natürlich dr?ngen sich auch Fragen auf. Wissen wir nicht schon genug über den Klimawandel? Was bringt es, wenn die Wettervorhersage nochmals ein bisschen besser wird? Lohnt sich der enorme Aufwand?
Tats?chlich wissen wir bereits mit sehr hoher Sicherheit, dass der Mensch für den gr?ssten Teil der beobachteten Erw?rmung verantwortlich ist. Wir k?nnen den Zusammenhang zwischen CO2-Emissionen und Temperatur relativ genau abbilden und wissen, dass wir die CO2-Emissionen innerhalb der n?chsten Jahrzehnte auf Netto Null reduzieren müssen, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. In diesen Punkten reicht unser Verst?ndnis schon vollumf?nglich aus, um klare politische Handlungsempfehlungen abzuleiten.
Bei vielen anderen Aspekten des Klimawandels st?sst die Forschung aber an Grenzen. So verstehen wir nur sehr schlecht, wie sich Wetterlagen und Sturmsysteme künftig entwickeln werden, ob tropische Wirbelstürme h?ufiger werden, und wie sich die Wolken und die Niederschl?ge ver?ndern werden. Diese Grenzen haben viel damit zu tun, dass die heutigen Klimamodelle, überspitzt formuliert, in vieler Hinsicht schlicht zu unscharf sind. Sie bilden diese Ph?nomene und Prozesse ungenügend ab.
Elementare Vorg?nge aufl?sen
Um Wetter und Klima besser zu verstehen und vorhersagen zu k?nnen, legen Modelle ein Gitter über die Erde und berechnen für jede Zelle den Zustand der Atmosph?re (analog für den Ozean). Je kleiner die Gitterzelle, desto h?her ist die Aufl?sung. Bei der aktuellen Generation von globalen Klimamodellen liegt sie bei ungef?hr 100 Kilometer (à link CMIP6).2
Damit l?sen diese Modelle aber zentrale Prozesse in der Atmosph?re oder im Ozean nicht auf. Am offensichtlichsten ist das bei Wolken, Gewittern und Stürmen, d.h. Prozesse, die auf der Skala von Kilometern stattfinden. So müssen wir den Einfluss dieser Prozesse nach wie vor indirekt über Parametrisierungen absch?tzen. Das führt zu Unsicherheiten, denn Wolken und Stürme sind nicht nur relevant fürs Wetter, sondern auch fürs Klima.
?Robustere Wetterprognosen und sch?rfere Klimasimulationen helfen uns dabei, Risiken für die Gesellschaft und ihre Infrastruktur zu verringern.?Nicolas Gruber
Wenn wir also besser quantifizieren wollen, wie stark dereinst die Niederschl?ge ausfallen werden und wie die Wolken den Klimawandel beeinflussen, dann müssen wir die Dynamik dieser Prozesse auf der Basis der physikalischen Gesetze simulieren und nicht parametrisieren. Hier werden die hochaufgel?sten Modelle, die wir im EXCLAIM Projekt entwickeln wollen, einen Durchbruch bringen.
Raus aus dem Unsch?rfetrog
Dank der h?heren Aufl?sung werden die Modelle den Blick auf die Zukunft sch?rfen. Das hilft uns erstens, genauere meteorologische Mittelwerte für die Zukunft zu bestimmen, also bessere Klimaprojektionen. Zweitens hilft es uns auch, zuverl?ssigere Informationen über die zukünftige Variation um diesen Mittelwert herum zu gewinnen, also über das Wetter der Zukunft. Und wie uns die Stürme, Gewitter und ?berschwemmungen Mitte Juli vor Augen führten, sind es das Wetter und insbesondere dessen Extreme, die uns in einem sich wandelnden Klima am meisten zu schaffen machen werden.
So helfen robustere Wetterprognosen und sch?rfere Klimasimulationen, Risiken für die Gesellschaft und ihre Infrastruktur zu verringern. Je genauer wir die Klimafolgen kennen, desto gezielter k?nnen wir uns anpassen. Denn um die Anpassung als zweiter Pfeiler der Klimastrategie kommen wir nicht herum. Selbst wenn wir das Zwei-Grad-Ziel erreichen, werden sich L?nder wie die Schweiz deutlich st?rker erw?rmen; bis Ende Jahrhundert dürfte es hierzulande mehr als drei Grad Celsius w?rmer sein als zur vorindustriellen Zeit.
Hoher Nutzen für die Gesellschaft
Unser Vorhaben steht denn auch nicht im luftleeren Raum: Wir entwickeln unsere Modelle und insbesondere deren konkrete Anwendungen in enger Zusammenarbeit mit den Projektpartnern. Ein Beispiel sind die Schweizer Klimaszenarien, welche die ETH Zürich und MeteoSchweiz unter ?gide des C2SM regelm?ssig erstellen.3 EXCLAIM wird dafür eine hochaufgel?ste Modell-Konfiguration für den Alpenraum entwickeln, um zum Beispiel Extremereignisse wie Starkniederschl?ge, Dürren und Hitzewellen in Zukunft mit gr?sserer Sicherheit zu simulieren. Somit k?nnen diese Szenarien sicherstellen, dass die Ressourcen für Anpassungsmassnahmen optimal eingesetzt werden.
Natürlich, auch unsere neuen Modelle werden an ihre Grenzen stossen. Indem sie uns aber elementare Vorg?nge sch?rfer sehen lassen, k?nnen wir diese Modelle auch effektiver mit Beobachtungen validieren und so kontinuierlich verbessern. Davon profitiert nicht nur die Forschung, sondern auch die Gesellschaft. Ich bin überzeugt: Der Aufwand lohnt sich.
Referenzen
1 Die EXCLAIM Website
2 World Climate Research Programme: externe Seite CMIP Phase 6
3 Schweizer Klimaszenarien: externe Seite CH2018
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