Wie Salmonellen im Darm koexistieren und Antibiotikaresistenzen austauschen
Durchfall erregende Salmonellen k?nnen alternative Nahrungsquellen nutzen und im Darm gedeihen, auch wenn dieser bereits von einem eng verwandten Stamm besiedelt wird, wie ETH-Forschende berichten. Das begünstigt den Austausch von Antibiotikaresistenzen.
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In Kürze
- Der Darm ist ein idealer Ort für eng verwandte Bakterien, um lebenswichtige Informationen wie Antibiotikaresistenzen auszutauschen.
- Theoretisch sollten Bakterien der gleichen Art ?hnliche N?hrstoffe verbrauchen und so das Wachstum ihrer Artgenossen blockieren. Wie also k?nnen verschiedene St?mme im Darm zusammenleben?
- ETH-Forschende zeigen, dass Unterschiede in der N?hrstoffverwendung die Koexistenz zweier St?mme erm?glichen und so den Austausch von Resistenzen f?rdern.
Bakterien werden zunehmend resistent gegen g?ngige Antibiotika. Ein Schlüsselfaktor ist dabei der Austausch von Resistenzen zwischen eng verwandten Bakterienst?mmen. Wenn verwandte Bakterien einander nahekommen, k?nnen sie Informationen übertragen, um Antibiotika unwirksam zu machen. Bedauerlicherweise scheint unser Darm eine ideale Umgebung für diesen Austausch zu bieten. Warum, war bis anhin unklar.
Nach der klassischen Theorie sollte ein solcher Austausch n?mlich nur schwerlich stattfinden. Denn normalerweise verhindern die Interaktionen zwischen Mikroben, dass sich eng verwandte Bakterienst?mme gleichzeitig im Darm ansiedeln.
Im Darm von S?ugetieren tummeln sich Tausende von Bakterienarten, die eng miteinander wechselwirken und eine dicht besiedelte Gemeinschaft bilden – das Darmmikrobiom. Diese Gemeinschaft stellt ihrem Wirt wichtige Funktionen bereit, darunter auch die Abwehr von Krankheitserregern. In einem gesunden Darm verhindern die ans?ssigen Mikroorganismen die Ansiedlung von Darmpathogenen auf verschiedene Weise, etwa durch Konkurrenz um begrenzte Nahrung. Nach der ?Nischenausschlusstheorie? ist es für Bakterien derselben Art daher sehr schwierig, sich in einem bereits besiedelten Darm zu vermehren, weil sie mit ihren etablierten Artgenossen um die gleichen N?hrstoffmoleküle konkurrieren.
Eine Besiedlungsstrategie von Darmbakterien
?Jüngste Befunde stellen diese Theorie jedoch in Frage, denn sie zeigen, dass einige Arten von Darmbakterien mit ihresgleichen im Darm koexistieren k?nnen?, sagt Ersin Gül, Postdoc in der Gruppe von Wolf-Dietrich Hardt, Professor für Mikrobiologie an der ETH Zürich und Mitglied des Nationalen Forschungsschwerpunkts Microbiomes. Das stellte die Forschenden vor ein R?tsel: Wie k?nnen eng verwandte Bakterienpopulationen mit ?hnlichem Nahrungsbedarf im Darm koexistieren und in der Folge Informationen austauschen? Und l?sst sich dieses Miteinander aus dem bakteriellen Genom vorhersagen?
Um Licht ins Dunkel zu bringen, untersuchte Hardts Team die Dynamik des Zusammenlebens von Bakterien im Darm von M?usen. ?Wir wollten verstehen, wie eine sekund?re Bakteriengruppe gedeihen kann, wenn eng verwandte ans?ssige Bakterien bereits die Nische besetzen?, berichtet Gül, Erstautor der jüngsten Studie aus dem Hardt Lab. Darin untersuchte das Team speziell das Verhalten von pathogenen Salmonellen, die Lebensmittelinfektionen und Durchfall verursachen, sowie von harmlosen E. coli St?mmen, die nahe mit den Salmonellen verwandt sind. Die Ergebnisse wurden kürzlich in der Zeitschrift externe Seite Cell Host & Microbe ver?ffentlicht.
Was wir essen ist entscheidend
Wie die Forschenden herausfanden, nutzen diese Bakterien verschiedene Nahrungsressourcen, wenn sie den Darm allein besiedeln. Sie k?nnen jedoch nur mit anderen Salmonellen oder E. coli Populationen zusammen gedeihen, wenn eine Population eine Nahrungsquelle zur Verfügung hat (hier Galactose oder Arabinose), welche die andere nicht verwerten kann. Dahinter steckt anscheinend eine Stoffwechselstrategie von Salmonellen, um Koexistenz zu erm?glichen und sich in einem bereits besetzten Darm auszubreiten.
Die Ergebnisse verdeutlichen den grossen Einfluss der Nahrung. In Experimenten mit M?usen zeigten die Forschenden, dass die Zugabe solcher ?privat nutzbaren? Nahrungsmoleküle die gleichzeitige Infektion zweier Salmonellenpopulationen erm?glicht und damit die Weitergabe von Resistenzen f?rdert.
Laut den Autoren k?nnte auch unsere Ern?hrung ungewollt zur Verbreitung von Antibiotikaresistenzen beitragen, indem N?hrstoffquellen selektiv das gemeinsame Wachstum bestimmter Bakterienpopulationen begünstigen.
Neue Ans?tze gegen bakterielle Infektionen
Die Ergebnisse sind vielleicht auch für die guten Bakterien in unseren D?rmen relevant: Denn m?glicherweise wenden diese die gleiche Besiedlungsstrategie an. ?Unsere Studie deutet darauf hin, dass kleine Unterschiede in der Stoffwechselkapazit?t darüber entscheiden, welche St?mme einer Art im Wettstreit stehen, und welche gemeinsam wachsen k?nnten?, erkl?rt Gül.
Zudem er?ffnen die Erkenntnisse interessante Perspektiven für dringend ben?tigte Ans?tze gegen Antibiotikaresistenzen und zur F?rderung eines gesunden Darmmikrobioms. ?Mikrobiom-Therapien k?nnten vom Wissen über diese alternativen Stoffwechselwege profitieren?, glaubt Gül.
Hardt wagt einen Vergleich: ?Das entdeckte Prinzip ist ein bisschen wie die Entschlüsselung der Hieroglyphen im ersten Satz des Steins von Rosetta – in Zukunft k?nnten wir vielleicht in der Lage sein, anhand der Bakteriengenome systematisch vorherzusagen, ob zwei St?mme koexistieren und DNA austauschen k?nnen, und welche Nahrungsmittel dies begünstigen würden?, schw?rmt er.
Literaturhinweis
Gül E, Abi Younes A, Huuskonen J, Diawara C, Nguyen BD, Maurer L, Bakkeren E, Hardt W-D. Differences in carbon metabolic capacity fuel co-existence and plasmid transfer between Salmonella strains in the mouse gut. Cell Host & Microbe (2023). Doi: externe Seite 10.1016/j.chom.2023.05.029