Das Wasserschloss braucht einen neuen Umgang mit Wasser
Die Alpen sind immer h?ufiger von Hochwasser und Trockenheit betroffen. Doch wir k?nnen etwas dagegen tun, betont Manuela Brunner: Mit Wasser sparsam wirtschaften und Schutzmassnahmen breiter denken.
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Die Schweiz gilt als Wasserschloss Europas – als zuverl?ssige Lieferantin von frischem Wasser, das selbst dann noch stetig aus alpinen Quellen fliesst, wenn es anderswo knapp wird. Dieses Idealbild, das früher Realit?t war, wird heute durch den Klimawandel arg gest?rt. Extremereignisse wie Hochwasser und Trockenheit treten immer ?fter auf: Das Wasserschloss ist im Stresszustand.
Die letzten Jahre haben es eindrücklich gezeigt: Gerade richtig oder normal waren die hydrologischen Verh?ltnisse selten – im Gegenteil, entweder k?mpften wir mit zu wenig Wasser in Gestalt von schneearmen Wintern und regenarmen Sommern, oder dann mit zu viel Wasser in Form von Starkniederschl?gen und ?berschwemmungen.
Schneearme Winter begünstigen trockene Sommer
Trockenheit und Hochwasser werden mit dem Klimawandel h?ufiger und intensiver. Beide Extreme haben im Alpenraum zugenommen. Das hat verschiedene Gründe: In einer w?rmeren Welt fallen Niederschl?ge unregelm?ssiger, die Verdunstung ist st?rker und es gibt viel weniger Schnee. Schnee ist relevant, weil er Wasser speichert und es verz?gert abgibt, wenn er schmilzt. Deshalb begünstigt Schneemangel im Winter Trockenheit im folgenden Sommer, weil dann das Schmelzwasser fehlt.
Projektionen zeigen, dass sich die Trockenheit weiter intensivieren dürfte. Dies ist nicht nur im Sommer ein Problem, wenn Wasser für die Bew?sserung in der Landwirtschaft fehlt oder niedrige Pegel den Schiffstransport auf Flüssen einschr?nken. Sondern auch im Winter, wenn für die Energieproduktion aus Wasserkraft wenig Wasser vorhanden ist und schneefreie Berge den Skitourismus gef?hrden.
Grosse Hochwasser werden künftig noch gr?sser
Beim Hochwasser zeigen Beobachtungen noch kein klares Bild: In einigen Gebieten führen zunehmende Starkniederschl?ge zu intensiveren Ereignissen, andernorts federn geringere oder frühere Schneeschmelzen die Folgen von intensiveren Niederschl?ge ab. Vorhersagen sehen jedoch künftig vor allem die schweren Hochwasser h?ufiger und st?rker werden, was steigende Schadens- und Managementkosten mit sich bringt.
Kurz: Die Zukunft des Wasserschlosses sieht alles andere als rosig aus.
Was also k?nnen wir tun?
Für mich ist damit klar: Wir müssen uns an die neuen Wasserrisiken anpassen. Das Gute ist, dass wir das auch k?nnen. Die Schweiz hat bereits Erfahrung im Umgang mit Extremereignissen: Es gibt eine Warnplattform für Hochwasser, und eine für Trockenheit ist für 2025 geplant. Ausserdem verfügen wir über die n?tigen Mittel und das technische Wissen um Schutzmassnahmen umzusetzen.
?Wir sind dem Klimawandel nicht machtlos ausgeliefert, sondern k?nnen uns anpassen und haben es mit in der Hand, wie stark uns die Klimafolgen treffen.?Manuela Brunner
Wollen wir jedoch bestm?glich für die Zukunft gerüstet sein, müssen wir uns deutlich mehr anstrengen und das Thema Anpassung breiter angehen:
Erstens sollten wir zur Minderung von Trockenheit nicht nur Wasser speichern, sondern auch Wasser sparen: ?ber neue Speicheroptionen wie Reservoire oder Bew?sserungsteiche nachzudenken, macht durchaus Sinn, jedoch ist der Bau von neuen Wasserspeichern nicht in jedem Fall sinnvoll, weil solche Anlagen teuer und ?kologisch selten nachhaltig sind.
Meines Erachtens müssen Massnahmen gegen Trockenheit daher immer auch bei der Nachfrage ansetzen. Hier haben wir einen starken Hebel: Wenn wir Wasser massvoll konsumieren, indem wir es weniger verschwenden (Stichwort: Auto waschen) und Felder und G?rten effizienter bew?ssern, k?nnen wir unseren Verbrauch erheblich reduzieren.
Zweitens kommen wir nicht darum herum, auch den Hochwasserschutz breiter zu denken als nur bauliche Massnahmen: Renaturierte B?che und Flüsse, die mehr Raum haben, k?nnen helfen, den natürlichen Hochwasserschutz zu reaktivieren.
Schliesslich halte ich es für unabdingbar, dass wir Hochwasserschutz und Trockenheitsmassnahmen zusammen denken. Ein voller Speicher gegen Trockenheit nützt nichts, wenn ein Hochwasser droht und dringend Speicherplatz zur Entlastung n?tig w?re.
Wir haben es in der Hand
Ein Gedanke liegt mir besonders am Herzen: Gewiss, der Umgang mit zunehmenden Extremereignissen wird kein Zuckerschlecken. Wir sind dem Problem aber nicht machtlos ausgeliefert. Vielmehr k?nnen wir uns anpassen. Ausserdem haben wir es mit in der Hand, wie stark Extremereignisse zunehmen. Dies wird umso schw?cher sein, je st?rker wir unseren CO2-Ausstoss reduzieren. Jede Entscheidung und Handlung z?hlt, und es ist noch nicht zu sp?t, um sowohl bei Emissionen als auch Anpassung aktiv zu werden.