Wie man helle Quantenpunkte noch heller macht

Forschende der Empa und der ETH Zürich haben Verfahren entwickelt, mit denen sie aus Perowskit-Quantenpunkten schnellere und effizientere Strahler machen und so ihre Helligkeit deutlich verbessern k?nnen. Dies ist sowohl für Anwendungen in Bildschirmen als auch in Quantentechnologien relevant.

Illustration des würfelförmigen Perowskit-Nanokristall und Molekülen welche sich darum bilden.
Um einen Quantenpunkt aus einem Perowskit-Nanokristall (links) effizienter zu machen, haben Forschende spezielle Moleküle (rechts) kreiert, die eine Schutzschicht um den Quantenpunkt bilden. Dadurch leuchtet der Quantenpunkt heller. (Bild: Kovalenko Lab)

In Kürze

  • Mit Hilfe chemischer Verfahren und quantenmechanischer Effekte haben Forschende die Helligkeit von Quantenpunkten aus Blei-Halogenid-Perowskiten deutlich verbessert.
  • Durch Aufbringen von Phospholipiden auf die Oberfl?che der Quantenpunkte wurde die Photonenerzeugung stabiler.
  • Unter Ausnutzung eines quantenmechanischen Effekts konnte zudem die Anzahl der pro Sekunde erzeugten Photonen erh?ht werden.

Quantenpunkte sind so etwas wie künstliche Atome: Nur wenige Nanometer gross und aus Halbleitermaterialien bestehend, k?nnen sie Licht einer ganz bestimmten Farbe aussenden oder gar einzelne Photonen, was für Quantentechnologien wichtig ist. Die Entdecker und Wegbereiter der kommerziellen Herstellung von Quantenpunkten wurden 2023 mit dem Chemie-Nobelpreis geehrt. In den letzten Jahren haben vor allem die 2014 an der ETH Zürich erstmals hergestellten Quantenpunkte aus Perowskiten, einer Materialklasse mit einer ?hnlichen Struktur wie das Mineral Perowskit (Kalziumtitanat), von sich reden gemacht. Quantenpunkte aus Perowskit-Nanokristallen kann man in Flüssigkeiten zu einer Dispersion mischen, wodurch sie sich leicht weiterverarbeiten lassen. Zudem leuchten sie aufgrund ihrer besonderen optischen Eigenschaften heller als viele andere Quantenpunkte und sind billiger herzustellen, was sie unter anderem für Anwendungen in Bildschirmen interessant macht.  

Wie man diese ohnehin schon vielversprechenden Eigenschaften von Perowskit-Quantenpunkten nochmals deutlich verbessern kann, haben nun Forschende um Maksym Kovalenko an der ETH Zürich und der Empa gemeinsam mit Kolleg:innen in der Ukraine und den USA gezeigt. Dabei kamen sowohl chemische Verfahren zur Oberfl?chenbehandlung als auch bislang in Perowskit-Quantenpunkten noch nie beobachtete quantenmechanische Effekte zum Einsatz. Ihre Ergebnisse haben die Forschenden kürzlich in zwei Artikeln im renommierten Fachjournal Nature ver?ffentlicht.

Unglückliche Atome reduzieren Helligkeit

Die Helligkeit ist eine wichtige Masseinheit für Quantenpunkte und h?ngt damit zusammen, wie viele Photonen der Quantenpunkt pro Sekunde aussendet. Quantenpunkte geben Photonen mit einer bestimmten Farbe (also Frequenz) ab, nachdem sie zuvor zum Beispiel durch ultraviolettes Licht h?herer Frequenz angeregt wurden. Dabei bildet sich ein so genanntes Exziton aus einem Elektronen, das sich nun freier bewegen kann, und einem Loch, also einem fehlenden Elektron in der energetischen Bandstruktur des Materials. Das angeregte Elektron kann danach wieder auf ein niedrigeres Energieniveau zurückfallen und sich so mit dem Loch rekombinieren. Wird die dabei freiwerdende Energie in ein Photon umgewandelt, so sendet der Quantenpunkt Licht aus.

Das funktioniert aber nicht immer. ?An der Oberfl?che der Perowskit-Nanokristalle befinden sich ?unglückliche? Atome, denen ihr Nachbar im Kristallgitter fehlt?, erkl?rt Senior Researcher Gabriele Raino. Diese Randatome st?ren das Gleichgewicht der positiven und negativen Ladungstr?ger im Innern des Nanokristalls und k?nnen dazu führen, dass bei der Rekombination die Energie nicht als Licht abgegeben wird, sondern in Kristallschwingungen übergeht. Dadurch ?blinkt? der Quantenpunkt, leuchtet also nicht durchgehend.

Schutzmantel aus Phospholipiden

Um dies zu verhindern, haben Kovalenko und seine Mitarbeitenden massgeschneiderte Moleküle entwickelt, so genannte Phospholipide. ?Diese Phospholipide sind den Liposomen sehr ?hnlich, mit denen zum Beispiel der mRNA-Impfstoff gegen das Coronavirus so eingebettet wird, dass er in der Blutbahn stabil bleibt und bis zu den Zellen gelangt?, erkl?rt Kovalenko. Ein wichtiger Unterschied: Die Forschenden optimierten ihre Moleküle derart, dass der polare, also elektrisch empfindliche Teil des Moleküls an die Oberfl?che der Perowkskit-Quantenpunkte andockt und dort dafür sorgt, dass die ?unglücklichen? Atome wieder einen Ladungspartner haben.

Vergr?sserte Ansicht: Darstellung wie die Phospholipide einen Schutzmantel um die den Nanokristall bilden.
Die von den Forschenden entworfenen Phospholipid-Moleküle bilden eine Schutzhülle um den Perowskit-Quantenpunkt und erm?glichen die Herstellung von Dispersionen in nichtw?ssrigen Flüssigkeiten. Zudem sorgen sie dafür, dass der Quantenpunkt best?ndiger Photonen aussendet. (Grafik: Kovalenko Lab)

Der nach aussen abstehende, nichtpolare Teil des Phospholipids macht es zudem m?glich, mit Quantenpunkten in nichtw?ssrigen L?sungen, zum Beispiel in organischen L?sungsmitteln, eine Dispersion herzustellen. Auch für die strukturelle Stabilit?t der Quantenpunkte ist der Lipidmantel auf der Oberfl?che der Perowskit-Nanokristalle wichtig, wie Kovalenko betont: ?Diese Oberfl?chenbehandlung ist absolut essenziel für alles, was wir mit den Quantenpunkten machen wollen.? Bisher haben Kovalenko und seine Mitarbeitenden die Behandlung für Quantenpunkte aus Blei-Halogenid-Perowskiten demonstriert, sie l?sst sich aber leicht an andere Metall-Halogenid-Quantenpunkte anpassen.

Noch heller dank Superradianz

Durch die Lipid-Oberfl?che konnte das Blinken der Quantenpunkte so weit reduziert werden, dass in 95 Prozent der Elektron-Loch Rekombinationen ein Photon ausgesandt wird. Um den Quantenpunkt noch heller zu machen, mussten die Forschenden allerdings die Geschwindigkeit der Rekombination selbst erh?hen – und das geht nur mit Hilfe der Quantenmechanik. Ein angeregter Zustand, wie zum Beispiel ein Exziton, zerf?llt dadurch, dass ein Dipol – also gegeneinander verschobene positive und negative Ladungen – mit dem elektromagnetischen Feld des Vakuums in Wechselwirkung tritt. Je gr?sser dieser Dipol, desto schneller der Zerfall. Eine M?glichkeit, einen gr?sseren Dipol zu erzeugen, besteht darin, mehrere kleinere Dipole einheitlich aneinander zu koppeln. Das ist vergleichbar mit Pendeluhren, die mechanisch miteinander verbunden sind und dadurch nach einer gewissen Zeit im Takt schlagen.

Die Forschenden konnten im Experiment zeigen, dass die koh?rente Kopplung auch in Perowskit-Quantenpunkten funktioniert – und zwar mit einem einzigen Exziton-Dipol, der sich durch quantenmechanische Effekte im gesamten Volumen des Quantenpunkts ausbreitet und so gleichsam mehrere Kopien seiner selbst erzeugt. Je gr?sser der Quantenpunkt, desto mehr Kopien k?nnen entstehen. Diese k?nnen dann einen als Superradianz bezeichneten Effekt hervorrufen, durch den das Exziton viel schneller rekombiniert. Der Quantenpunkt ist daher auch schneller wieder bereit, ein neues Exziton aufzunehmen und kann so mehr Photonen pro Sekunde abgeben, er wird also noch heller. Wichtig dabei: Der schnellere Quantenpunkt sendet weiterhin einzelne Photonen aus (nicht mehrere zugleich) und ist damit für Quantentechnologien geeignet.

Vergr?sserte Ansicht: Darstellung eines kleinen und eines grossen Quantenpunkts.
Durch quantenmechanische Ausbreitung des Exzitons kann der Dipol (Pfeil) mehrere Kopien seiner selbst erzeugen. In einem gr?sseren Quantenpunkt (QD) führt dann die Superradianz zu einer schnelleren Rekombination des Exzitons und damit zu mehr ausgesandten Photonen pro Sekunde. (Grafik: Kovalenko Lab)

Die verbesserten Perowskit-Quantenpunkte sind laut Kovalenko nicht nur für die Lichterzeugung und Displays interessant, sondern auch in anderen, weniger offensichtlichen Gebieten. So k?nnten sie beispielsweise als lichtaktivierte Katalysatoren in der organischen Chemie zum Einsatz kommen. An solchen und anderen Anwendungen forscht Kovalenko unter anderem im Rahmen des nationalen Forschungsschwerpunkts NCCR Catalysis. 

Literaturhinweis

Morad, V., Stelmakh, A., Svyrydenko, M., Baumketner, A, Kovalenko, MV et al. Designer Phospholipid Capping Ligands for Soft Metal Halide Nanocrystals. Nature (2023), 18 December 2023. DOI: 10.1038/s41586-023-06932-6

Sercel, PC, Kovalenko, MV, Rainò, G, et al. Single-photon superradiance in individual caesium lead halide quantum dots. Nature (2024), 31 January 2024. DOI: externe Seite 10.1038/s41586-023-07001-8

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