Wenn jedes Atom zählt

Sauerstoffisotope sind bei der Aufkl?rung von molekularen Prozessen extrem nützlich, aber die Isotope sind selten und teuer. Prof. Christophe Copéret aus dem Labor für anorganische Chemie erkl?rt, wie seine Gruppe die Chemie mit Sauerstoffisotopen erschwinglich macht. Der Schlüssel liegt in der Synthese eines kleinen, energiegeladenen Moleküls: Wasserstoffperoxid.

picture of molecules and laboratory jugs

Warum interessieren sich Wissenschaftler für Sauerstoffisotope?

Sauerstoffisotope, vornehmlich O-17 und O-18, werden als sogenannte Tracer eingesetzt. Einige Beispiele: Durch den Austausch eines spezifischen Sauerstoffatoms durch sein Isotop kann der Pharmazeut beobachten, wie aktiv ein medizinischer Wirkstoff in einer Zelle ist. Ein Synthesechemiker sucht nach einem besseren Verst?ndnis der Reaktionsmechanismen, um seine Produktionslinie zu optimieren. Meine eigene Gruppe setzt Isotope zur Untersuchung von katalytischen Reaktionen ein.

Doktorand Christopher Gordon im Labor
Das Labor von Prof. Christophe Copéret entwickelt neue Katalysatoren und nutzt die Isotopenmarkierung, um die zugrundeliegenden katalytischen Prozesse zu studieren. (Foto mit Doktorand Christopher Gordon)

Wie tauscht man ein Sauerstoffatom gegen sein Isotop aus?

Es gibt verschiedene M?glichkeiten. Sehr erfolgreich ist der Sauerstofftransfer durch Peroxide. Das sind sehr reaktive Stoffe. Wir kennen sie als Bleichmittel für Textilien, zur Zahnaufhellung oder zur Sterilisation von Oberfl?chen. Ein isotopenmarkiertes Peroxid kann sein Sauerstoffisotop sehr effizient an ein Zielmolekül abgeben. Wir haben einen eleganten Weg gefunden, diese isotopenmarkierten Peroxide herzustellen.

Es gibt bereits etablierte, industrielle Verfahren zur Wasserstoffperoxidproduktion. Was ist speziell an Ihrem Syntheseweg?

Isotope sind eine seltene und teure Ressource. Wir k?nnen es uns bei der Herstellung von Peroxiden quasi nicht erlauben, auch nur ein einziges Sauerstoffisotop zu verschwenden. Daher ist unser Syntheseweg im Hinblick auf den Verbrauch der Isotope optimiert.

Diagramm mit O16, O17 und O18 Isotopen
Isotope unterscheiden sich in der Anzahl Neutronen im Atomkern. O-16 ist das h?ufigste Isotop, O-17 und O-18 sind eher selten. Damit man sich die Chemie mit den seltenen Isotopen leisten kann, muss deren Umwandlung in Zielmoleküle optimiert werden.

Was macht Ihren Syntheseweg so effizient? Ist ein geheimer Katalysator involviert?

Das ist der verrückte Teil der Geschichte. Obschon sich meine Forschungsgruppe auf Katalyse spezialisiert, ist hier absolut kein Katalysator beteiligt. Die Erfindung geh?rt zu den unvorhergesehenen Wendungen in der Forschung. Wenn wir einen Katalysator für ein Experiment vorbereiten, reinigen wir ihn zuerst. Wir entfernen s?mtlichen ungewünschten Sauerstoff von seiner Oberfl?che durch Einsatz eines Organosilizium-Reagenzes. Mein Mitarbeiter, Keishi Yamamoto, hat das Potential unseres Reinigungsmittels erkannt, um damit effizient Peroxide herzustellen, da es eine sehr grosse Affinit?t zu Sauerstoff besitzt. Seitdem setzen wir das Organosilizium-Reagenz als Ausgangsstoff für die Herstellung unserer eigenen isotopenmarkierten Stoffe ein. Wir haben den Syntheseweg zum Patent angemeldet und hoffen, dass sich die Anwendung sowohl in den akademischen als auch industriellen Forschungslaboratorien etabliert.


Wie gross sch?tzen Sie die Nachfrage nach Ihrer neuen Peroxidsynthese ein?

Peroxide sind oft instabil oder sogar explosiv. Wissenschaftler stellen sie in situ her, d.h. zum Zeitpunkt, vor Ort und in der Menge, wie sie gebraucht werden. Wir glauben, dass einige Labors auf die Markierung mit Sauerstoffisotopen verzichten, da der gesamte Prozess von der Beschaffung der Isotope und der Synthese der Peroxide zu aufw?ndig und teuer ist. Unser Ansatz macht die Anwendung einfach und die Kosten überschaubar. Auf diese Weise kann sich jedes Labor das Tracing mit Sauerstoffisotopen leisten.

Wie sieht Ihre Erfindung als kommerzielles Produkt aus?

Ich stelle mir einen Bausatz vor: isotopenmarkierter Sauerstoff in einem Gaszylinder, Organosilizium-Reagenz in einer Glasampulle. Der Kunde mischt beides bei Raumtemperatur und Umgebungsdruck zusammen, l?sst über Nacht rühren, fertig. Wir suchen einen Industriepartner, der unsere Erfindung auf den Markt bringt.

Professor Christophe Copéret

Professor Christophe Copéret

ETH Zürich, D-CHAB, Copéret Group

Kontakt / Links:

Professor Christophe Copéret, Copéret Group

Publikation
externe Seite Activation of O2 by organosilicon reagents yields quantitative amounts of H2O2 or (Me3Si)2O2 for efficient O-transfer reactions”. K. Yamamoto et al., Helv. Chim. Acta 2018, 101,e1800156.

Patent
externe Seite WO2019206744 (A1), EP 3 560 935 A1externe Seite

Sind Sie interessiert an weiteren spannenden "News for
Industry" Storys?

externe Seite Abonnieren Sie unseren Newsletter

externe Seite Folgen Sie uns auf LinkedIn

Suchen Sie Forschungspartner an der ETH Zürich? 

Kontaktieren Sie ETH Industry Relations.

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert