Langfristige Ernährungssicherheit braucht intakte Ökosysteme
Ende April besuchten Studierende der ETH im Rahmen einer Vorlesung die Food and Agricultural Organization (FAO) der Vereinten Nationen an ihrem Hauptsitz in Rom. Dabei beleuchteten die Teilnehmenden das Spannungsfeld zwischen Ern?hrungssicherheit und Schutz der ?kosysteme, in welchem die globale Landwirtschaft steckt.
Was erwartet die Gesellschaft von der Landwirtschaft? In erster Linie wohl die Produktion von m?glichst grossen Mengen gesunder Nahrungsmittel. Auf der anderen Seite aber auch einen Beitrag zum langfristigen Erhalt von ?kosystemen bzw. an der Bereitstellung von ?kosystemleistungen und Ressourcen wie zum Beispiel Wasser von guter Qualit?t, gesunde, produktive B?den oder Biodiversit?t. Um auf lange Sicht die Ern?hrungssicherung zu gew?hrleisten, muss die Landwirtschaft einen Weg finden, die natürlichen Ressourcen, die als Produktionsgrundlage dienen, zu erhalten und deren Qualit?t sicherzustellen. Gleichzeitig muss sie diese Ressourcen so nutzen, dass genügend Nahrungsmittel für eine wachsende Bev?lkerung produziert werden k?nnen.
Die FAO im Kampf gegen Hunger und Unterern?hrung
Die FAO leistet in diesem Spannungsfeld wertvolle Arbeit. Ziel der Vorlesung war es einen Einblick in die T?tigkeiten der FAO zu gewinnen und anhand eines spezifischen Themas die verschiedenen T?tigkeitsfelder besser zu verstehen. In den ersten zwei Tagen bekamen die Studierenden einen Einblick wie die FAO arbeitet: Sie stellt Wissen, Daten und Expertise zur Lage der Landwirtschaft und der Ern?hrungssicherheit zur Verfügung, bietet ein Netzwerk zum Austausch von Erfahrungen zu Produktionspraktiken und Politikmassnahmen , sowie eine Plattform für Diskussionen zwischen Nationen. Schlussendlich bringt sie das Wissen welches durch die verschiedenen T?tigkeiten gewonnen wird, aufs Feld zu den über 550 Millionen Landwirtschaftsbetrieben.
An den ersten beiden Tagen des Workshops in Rom h?rten die Studierenden Beitr?ge zur Ern?hrungssicherheit sowie über verschiedene Initiativen innerhalb der FAO. Dass die FAO zum Beispiel in ihrem Bericht über den Zustand der Weltern?hrung und Landwirtschaft (external page State of Food and Agriculture) jedes Jahr jeweils einen Aspekt der Ern?hrungssicherheit umfassend analysiert. Ein weiteres Beispiel ist das external page Global Forum on Food Security and Nutrition, über welches die FAO Experten rund um den Globus vernetzt um aktuelle Themen zu diskutieren und Wissen auszutauschen.
Darüber hinaus gab es Beitr?ge über konkrete Projektenbeispiele, die aufgezeigten, wie die FAO versucht die Ern?hrungssicherheit langfristig zu verbessern. Um nur ein Projekt zu nennen: Thomas Hofer zeigte am Beispiel der Aufbauarbeiten nach dem verheerenden Erdbeben in Pakistan im Oktober 2005 wie eine ganzheitliche Bewirtschaftung von Wassereinzugsgebieten funktioniert. Die durch unz?hlige Erdrutsche zerst?rten Landwirtschafts-, Weide- und Waldfl?chen sollten wieder genutzt werden, aber nachhaltiger und effizienter als zuvor. Unter Einbezug der Bev?lkerung wurde ein integrierter Entwicklungsplan für das gesamte Wassereinzugsbiet entworfen, der in einem ganzheitlichen Ansatz nicht nur Massnahmen zur Stabilisierung der H?nge, sondern auch Aufforstung, den Bau von Terrassen für Ackerbau, optimiertes Wassermanagement und andere Massnahmen zur Verbesserung der Lebensgrundlage vorsah. Er zeigt damit sehr eindrücklich auf, wie ein solcher ganzheitlicher Ansatz zur Reduktion des Risikos bezüglich lokalen Naturgefahren wie Erdrutsche oder ?berschwemmungen beitr?gt.
Langfristige Ern?hrungssicherheit braucht nachhaltige Ressourcennutzung
Aus den verschiedenen Beitr?gen wurde klar, dass die Herausforderungen komplex und lokalspezifisch sind. Im Spannungsfeld zwischen Ern?hrungssicherheit und ?kosystemleistungen geht es darum, sich den ?rtlichen und zeitlichen Tradeoffs zu stellen. Wie gelingt es zum Beispiel zu verhindern, dass eine Ausdehnung der Nahrungsmittelproduktion an einem Ort nicht unverzüglich die Qualit?t dortiger und angrenzender ?kosysteme vermindert, beispielsweise durch erh?hte Wasserverschmutzung, reduzierte Biodiversit?t oder Erosion. Demgegenüber dürfen die landwirtschaftliche Produktion durch Naturschutzmassnahmen und zus?tzliche Schutzfl?chen lokal betrachtet nicht zu stark beeintr?chtigt werden. Die FAO besch?ftigt sich unter anderem damit, innovative, den lokalen Gegebenheiten angepasste Ans?tze zu suchen, um die Produktionseffizienz zu steigern.
Die Experten der FAO zeigten den Studierenden m?gliche Wege auf und entwickelten sie mit ihnen in Diskussionen weiter. Wie schwierig es aber ist, die manchmal gegenteiligen Interessen aller zu berücksichtigen, wurde am letzten Tag deutlich: Die Studierenden sollten in einem Rollenspiel ein fiktives Entwicklungsprojekt definieren, welches zum Einen die wirtschaftliche Entwicklung und die Landwirtschaft der Region f?rdert, gleichzeitig aber das ?kosystem nicht überm?ssig gef?hrdet. Hier galt es einen Kompromiss zu suchen, der verschiedene Akteure (wie Bauern, Entwicklungsorganisationen, Vertreter des Staates, der Privatwirtschaft und von Umweltverb?nden) zufrieden stellt.
Der Workshop bot den Studierenden die M?glichkeit, sich zu einem brennenden Thema des Weltern?hrungssystems auszutauschen und einen Einblick in m?gliche T?tigkeitsfelder zu erlangen. Um den Herausforderungen einer nachhaltigen Entwicklung des Weltern?hrungssystem zu begegnen, braucht es den Dialog zwischen Expertinnen und Experten von heute und denen von morgen.
Weiterführende Informationen
Der FAO-Workshop richtet sich an ETH-Masterstudierende der Agrar- und Lebensmittelwissenschaften und findet j?hrlich zu aktuellen Themen der Ern?hrungssicherheit statt. Der Workshop wurde durch das World Food Systems Center der ETH unterstützt. Die Studierenden haben im Zuge der Workshops die M?glichkeit, sich mit den Referenten und anderen an der FAO t?tigen Schweizerinnen und Schweizern vertieft auszutauschen und die Arbeit der FAO kennenzulernen.