Batterietestsystem:
Als Basisgeh?use für das System dient ein 19-Zoll-Tischgeh?use mit drei H?heneinheiten. In dem Geh?use befinden sich drei Module mit standardisierter Einschubtechnik nach IEC 60297-3-101, die ein einfaches Anpassen des Systems an den gewünschten Funktionsumfang oder an zukünftige Entwicklungen erm?glicht. Die Signalübermittlung erfolgt durch Steckverbinder nach IEC 60603-2. Die Funktionen der drei Module decken die Bedürfnisse des Energiespeicherpraktikums. Enthalten sind erstens ein Potentiostat/Galvanostat-Modul für den eigentlichen Messbetrieb, zweitens ein Thermostatmodul sowie drittens ein Sicherheitsmodul. Um auch schon die Produktion des Testers zur Ausbildung von Studierenden nutzen zu k?nnen, wurden die Platinen so gestaltet, dass eine leichte Handbestückung durch studentische Hilfskr?fte m?glich ist. Die meisten Bauteile sind im relativ gro?en SMD Format 0805. Als Recheneinheit dient in allen Modulen ein Prozessor des Typs ARM Cortex M4.

Potentiostat:
Zentrales Element des Ger?ts ist ein Potentiostat/Galvanostat, der Versuche mit kleineren Einzelzellen bis zirka 600 mAh erlaubt. Str?me und Spannungen lassen sich damit zeitabh?ngig gesteuert in eine Zelle einpr?gen und auch messen. Der Spannungsbereich ist für Messungen von -12 V bis +12 V symmetrisch aufgebaut, wobei Str?me bis zu 8 A entladend und 4 A ladend bereitgestellt werden. Zus?tzlich zu der Gleichspannungskomponente besteht die M?glichkeit, eine Wechselspannung mit geringerer Amplitude zu überlagern, um Impedanzmessungen bis 10 kHz zu erm?glichen. Hierbei bestimmt das Ger?t den Betrag der Impedanz und bis 5 kHz auch die Phase. Abgesehen von der technischen Umsetzung war der Kompromiss zwischen Kosten beziehungsweise Herstellungsaufwand und Messgenauigkeit eine Herausforderung. Die Ger?te sollten einfach zu bauen und zu warten sein, aber dennoch wissenschaftlich verwertbare Ergebnisse liefern, um den Studierenden eine m?glichst reale Testumgebung zu bieten. Das Hauptaugenmerk lag deshalb auf einer m?glichst hohen Messgenauigkeit und nicht auf der exakten analogen Einpr?gung von Strom und Spannung. Diese wird aufgrund der Messung nachgeführt. Der Galvanostat/Potentiostat kann von einem Laborcomputer über serielle Kommunikation (USB) über Steuerprogramme auf C# und Java-Basis sowie über einen Labview-Treiber gesteuert werden. Im Praktikumsbetrieb kommt das w?hrend einer Abschlussarbeit entstandene Java-Programm zur Anwendung, das bezüglich Architektur und Benutzerschnittstelle stark an die Versuchssoftware von industriellen Testger?ten angelehnt ist. Es erlaubt den Studierenden, die Versuchsabl?ufe frei zu programmieren und bereitet sie so auf das sp?tere Berufsleben vor.

Thermostat:
Eine gro?e Herausforderung für die Elektromobilit?t ist die starke Temperaturabh?ngigkeit elektrochemischer Energiespeicher. Um innerhalb einer Unterrichtseinheit zum Beispiel Tests zum Innenwiderstand nach ISO 12405-1 durchführen zu k?nnen, ist es erforderlich binnen 20 Minuten von Raumtemperatur auf -18 °C herunter zu kühlen. Zus?tzlich hei?t es, für die Unterrichtsplanung die n?tige Wartezeit für eine homogene Temperaturverteilung im Inneren der Zellen zu bedenken. Da langsame Temperaturkammern mit Konvektionskühlung oder Fluidthermostaten hierfür nicht in Frage kommen, erfolgt die Kühlung mithilfe eines kleinen, kostengünstigen und extrem schnell reagierenden zweistufigen thermoelektrischen Kühlers auf Basis von Peltier-Elementen. Für eine schnelle Kühlung wird die zu untersuchende Batteriezelle vierseitig im direkten Kontakt zum Metall montiert. Ein Isolationswürfel aus Schaumstoff, der die Kühlvorrichtung mit dem Prüfling von der Umgebung isoliert, verringert Energieverluste.

Sicherheitsmodul:
Bei falscher Behandlung sind Lithium-Ionen-Batteriezellen potenziell gef?hrlich, weil sie aufplatzen oder in Brand geraten k?nnen. Um dennoch stets die Sicherheit der Studierenden zu gew?hrleisten, müssten Versuche entweder stark vereinfacht oder in Schritt-für-Schritt Versuchsanleitungen erstellt werden, denen der Studierende ohne Freiheitsgrade genau zu folgen hat. Diese Ma?nahmen würden allerdings ein selbst?ndiges Planen von Experimenten durch Studierende und damit eigentlich ein Kernelement aus der Arbeitswelt eines Ingenieurs – unterbinden. Um dennoch Versuche mit Eigenverantwortung zu erm?glichen, wurde ein spezielles Sicherheitsmodul integriert, das der Dozent zuvor vorparametriert und das den Studierenden Autonomie bei der Steuerung des Batteriesystems gibt. Es überwacht Stromst?rke, Spannung sowie Temperatur des Prüflings und trennt diesen bei Verlassen des erlaubten Bereichs automatisch vom Testsystem. Da die zus?tzlich installierte Sicherheitseinrichtung vom Studierenden nicht zu beeinflussen ist, kann der Lernende die Programmierung des Potentiostaten/Galvanostaten frei vornehmen und gegebenenfalls auch durch Versuch und Irrtum intensive Lernerfahrungen sammeln.

Versuche:
Die mitentwickelten Versuchsanleitungen sind nicht schrittweise vorgegeben sondern f?rdern durch Entscheidungsfreiheit ein Nachdenken über das jeweilige Lernthema in einem Umfeld, das praxisnahes Lernen aus Fehlern erm?glicht. Folgende Studentenversuche werden seit Sommer 2016 mit den Ger?ten erprobt und iterativ verbessert:

?    Laden/Entladen einzelner Akkumulatorzellen verschiedener Art zur Erfassung der Zellspannung in Abh?ngigkeit des Ladezustands.
?    Bestimmung des Innenwiderstands nach ISO 12405-1
?    Bestimmung der maximal entnehmbaren Leistung unter Temperaturabh?ngigkeit.
?    Kapazit?tsbestimmung in Abh?ngigkeit vom Lastprofil.
?    Vermessung von Gr??en unter einem Lastprofil, um damit ein Matlab/Simulink-Modell zu parametrisieren.
?    Bestimmung der Energieeffizienz unter verschiedenen Bedingungen.

Diese Experimente sind eine Auswahl für die Studieng?nge an der THI. Das System unterstützt darüber hinaus die Beobachtung des Verhaltens von Zellen unter Last in Fahrzyklen, die Entwicklung von SoC/SoH-Bestimmungsmethoden, die Impedanzspektroskopie sowie die Verwendung von zwei Lithiumzellen in Reihenschaltung für Versuche zu Batteriemanagementsystemen.

Fabian Steger