Nachteile von punktueller Tropenwaldnutzung unterschätzt

Das Fällen einzelner Bäume in tropischen Wäldern wurde bisher als relativ naturverträglich angesehen. Das ist es bei weitem nicht immer, so das Fazit einer neuen Studie. Es kommt darauf an, wie stark die Wälder genutzt werden.

Waldnutzung
Die Nachfrage nach Tropenholz ist gross. Regenw?lder werden daher genutzt – wie hier in Brasilien. (Bild: Brasil2 / istockphoto.com)

Holz von tropischen B?umen ist wertvoll und wird daher gef?llt. Nicht in jedem Fall geschieht dies im Rahmen einer Rodung ganzer Waldstücke, bei der auf einen Schlag wertvoller Lebensraum für Pflanzen und Tiere zerst?rt wird. Mancherorts gibt es in tropischen Regenw?ldern auch eine Nutzung von Einzelb?umen – von Fachleuten auf Englisch als ?selective logging? bezeichnet. Einzelne grosse, wertvolle B?ume werden dabei gef?llt, der Wald bleibt ansonsten aber mehr oder minder intakt. Die Auswirkungen dieser Praxis auf die Biodiversit?t ist allerdings umstritten. Frühere Studien unterschieden kaum zwischen verschiedenen Intensit?tsgraden des ?selective logging?.

ETH-Doktorandin Zuzana Burivalova untersuchte nun erstmals gemeinsam mit Kollegen, inwiefern die Auswirkungen auf die Artenvielfalt von der Nutzungsintensit?t abh?ngen. In einer ?bersichtsstudie analysierte sie die Daten von knapp 50 unabh?ngigen, in den vergangenen Jahren gemachten Untersuchungen zu diesem Thema. Dabei kommt die Umweltwissenschaftlerin zum Schluss, dass die verschiedenen, unter ?selective logging? subsummierten Nutzungsarten nicht über einen Kamm geschert werden dürfen. Weil die Wissenschaft bisher genau dies machte, hat sie nach Ansicht der Forscherin ?selective logging? in Tropenw?ldern in einem zu rosigen Licht dargestellt.

?Selective logging? als Deckmantel

?Entscheidend für die Auswirkungen auf die Biodiversit?t ist prim?r, wie viel Holz in einem Wald gef?llt wird, zu einem geringeren Anteil aber auch, wie vorsichtig die Arbeiter vorgehen?, erkl?rt Burivalova. So gebe es durchaus Formen von kleingewerblicher Nutzung, die sich, wenn sie vorsichtig ausgeübt und gut organisiert seien, nur gering auf die Biodiversit?t auswirkten. Bei intensiven Nutzungen mit Bulldozern und anderem schwerem Ger?t hingegen seien die Kollateralsch?den oft gross. Unter dem Deckmantel des ?selective logging? gebe es beispielsweise in Borneo Konzessionen für Holzkonzerne. Die dabei vereinbarten Nutzungsmengen seien aber oft viel zu hoch und daher nicht nachhaltig.

Wie die Wissenschaftlerin zeigen konnte, sind die negativen Auswirkungen der intensiven Nutzung auf die Anzahl der im Wald lebenden Arten von S?ugetieren, Amphibien und wirbellosen Tieren sehr direkt. ?Je st?rker ein Wald genutzt wird, desto schlechter steht es um diese Tiergruppen?, sagt Burivalova.

Vergr?sserte Ansicht: Grafik
Je st?rker ein Wald genutzt wird, desto schlechter steht es um die Tiere, mit Ausnahme von anspruchslosen Vogelarten, sogenannten Generalisten. (Quelle: Burivalova et al., Current Biology 2014)

Spezialfall V?gel

Interessanterweise sieht es für die V?gel auf den ersten Blick anders aus: V?gel scheinen weniger anf?llig auf die Waldnutzung zu sein als die anderen untersuchten Tiergruppen. Mit zunehmender Nutzung wandern sogar neue Vogelarten in den Wald, die Artenzahl steigt.

Burivalova relativiert allerdings: Bei genauerem Hinsehen zeige sich, dass die zugewanderten Vogelarten solche seien, die allgegenw?rtig seien, weil sie wenig Ansprüche an ihren Lebensraum stellten. Die auf unberührten Tropenwald spezialisierten Vogelarten – darunter solche, die für ihre Nahrung auf eine spezielle Pflanze angewiesen sind oder nur in sehr grossen B?umen nisten – hingegen reagieren auf die Waldnutzung genau so empfindlich wie die anderen untersuchten Tierklassen.

Warum sich einige Vogelarten in einem st?rker genutzten Wald offensichtlich wohler fühlen, andere jedoch bereits bei m?ssiger Waldnutzung verschwinden, m?chte Burivalova in einer weiteren Forschungsarbeit untersuchen. M?glicherweise habe das damit zu tun, dass die Generalisten unter den V?geln vom grossen Nahrungsangebot in den durch die Nutzung entstandenen Lichtungen profitierten, sagt sie. Spezialisierte Regenwaldv?gel hingegen verl?ren wohl ihren spezifischen Lebensraum. Mit dieser Forschung m?chte die Umweltwissenschaftlerin dazu beitragen, dass bei der Nutzung von Tropenw?ldern in Zukunft die Fauna weniger Schaden nimmt.

Literaturhinweis

Burivalova Z, ?ekercio?lu ?H, Koh LP: Thresholds of Logging Intensity to Maintain Tropical Forest Biodiversity. Current Biology, 2014. 24: 1-6. doi: externe Seite 10.1016/j.cub.2014.06.065

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert