Gleichzeitige Hitze von menschgemachtem Klimawandel verursacht
Ohne den vom Menschen ausgel?sten Klimawandel h?tte es eine so grosse Fl?che, die gleichzeitig von Hitze betroffen war wie im letzten Sommer, nicht gegeben. Das schliessen Klimaforscherinnen der ETH Zürich aus Beobachtungs- und Modelldaten.
Der vergangene Sommer bleibt vielen Menschen in Erinnerung, nicht nur in der Schweiz, sondern auch in weiten Teilen Europas, Nordamerikas und Asiens. Vielerorts war es gleichzeitig so heiss, dass Menschen an Hitzeschl?gen starben, die Stromproduktion gesenkt werden musste, Schienen und Strassen schmolzen und W?lder in Flammen aufgingen. Das Gravierende: Nicht nur ein Gebiet wie der Mittelmeerraum war von Hitze betroffen, sondern viele Regionen gleichzeitig, in den gem?ssigten Breiten und dem hohen Norden.
ETH-Forschende kommen nun zum Schluss: Solche gleichzeitig über mehrere Monate von Hitze betroffene Gebiete sind nur aufgrund des vom Menschen in Gang gesetzten Klimawandels m?glich. Dies zeigt eine aktuelle Studie, die die ETH-Klimaforscherin Martha Vogel heute in Wien an einer Pressekonferenz der European Geosciences Union vorgestellt hat. Die dazugeh?rende wissenschaftliche Publikation ist derzeit noch in Begutachtung bei einer Fachzeitschrift.
Modelle und Beobachtungen analysiert
In dieser Studie befasste sich Vogel aus dem Team von ETH-Professorin Sonia Seneviratne mit der Hitzeperiode, die von Mai bis Juli 2018 weite Teile der Nordhalbkugel n?rdlich des 30. Breitengrades heimsuchte. Die Forschenden konzentrierten sich auf die Schlüsselregionen für die Landwirtschaft oder dicht besiedelte Gebiete. Ausserdem untersuchten sie, wie sich grossfl?chige Hitzewellen im Zuge der Klimaerw?rmung entwickeln k?nnten.
Dazu analysierten die Forscherinnen und Forscher beobachtungsbasierte Daten von 1958 bis 2018. Weiter simulierten sie die geografische Ausdehnung, die Hitzewellen bis Ende des Jahrhunderts bei weiter steigenden Temperaturen erreichen k?nnten.
Hitzefl?che breitete sich massiv aus
Die Auswertung der Daten aus dem letzten Hitzesommer zeigt, dass zwischen Mai und Juli im Tagesdurchschnitt 22 Prozent der besiedelten oder landwirtschaftlich genutzten Fl?che der Nordhemisph?re gleichzeitig von extrem hohen Temperaturen betroffen waren. Die Hitze betraf mindestens 17 L?nder, von Kanada über die USA bis Russland, Japan und Südkorea.
Die Messdaten zeigten den Forscherinnen, dass solch grossfl?chige Hitzewellen in der Nordhemisph?re erstmals 2010 auftraten, dann wieder 2012, und nun 2018. Davor jedoch registrierten Forschende keine solch grossen Gebiete, die zeitgleich von Hitze betroffen waren.
Grossfl?chige Hitzeextreme immer wahrscheinlicher
Modellrechnungen best?tigen diesen Trend. Grossfl?chige Hitzeextreme werden immer wahrscheinlicher, je w?rmer es auf der Erde wird. Die Fl?chen in den landwirtschaftlichen Schlüsselregionen oder dicht besiedelten Gebieten der n?rdlichen Hemisph?re, die gleichzeitig von Hitze betroffen sind, werden laut Modellprojektionen um 16 Prozent pro Grad globale Temperaturerh?hung zunehmen. Nimmt die globale Erw?rmung weiter zu und erreicht 1,5 Grad Celsius mehr gegenüber der vorindustriellen Zeit, dann wird für einen Viertel der Nordhemisph?re jeder zweite Sommer so heiss wie 2018. Bei einer globalen Erw?rmung von 2 Grad liegt die Wahrscheinlichkeit für so ein Hitzeereignis bei nahezu 100 Prozent. Das heisst, dass fast jedes Jahr eine Fl?che wie jene von 2018 von extremer Hitze betroffen sein würde.
?Ohne den vom Menschen angestossenen Klimawandel w?re nicht eine so grosse Fl?che gleichzeitig von Hitze betroffen wie in 2018?, sagt Martha Vogel. Sie findet die Tatsache, dass bei 2 Grad globaler Erw?rmung fast j?hrlich eine solch grosse Fl?che wie im vergangenen Sommer von Hitzeextremen betroffen sein k?nnten, alarmierend: ?Wenn künftig mehr und mehr Fl?chen in landwirtschaftlichen Schlüsselregionen und dicht besiedelten Regionen gleichzeitig von Hitze betroffen sind, kann das gravierende Konsequenzen haben.?
Hitze gef?hrdet Ern?hrungssicherheit
?Sind gleichzeitig mehrere L?nder von solchen Naturkatastrophen betroffen, ist keine gegenseitige Hilfe mehr m?glich?, erg?nzt Sonia Seneviratne. Dies h?tten die Waldbr?nde 2018 in Schweden aufgezeigt: Noch konnten mehrere L?nder mit Infrastruktur zur Brandbek?mpfung aushelfen. K?mpfen jedoch gleichzeitig mehrere Nationen gegen grosse Waldbr?nde, dann k?nnten sie andere betroffene L?nder nicht mehr unterstützen.
Kritisch k?nnte es auch für die Ern?hrungslage werden. Sind weite für die Landwirtschaft zentrale Regionen von Hitze betroffen, k?nnten Ertr?ge grossfl?chig einbrechen und Lebensmittel massiv verteuern. Dass dies keine allzu pessimistischen Annahmen sind, darauf weist die Hitzewelle von 2010 in Russland und der Ukraine hin. Damals stellte Russland den Export von Weizen komplett ein. Auf dem Weltmarkt stiegen die Weizenpreise an. In Pakistan, einer der Hauptimporteure für russischen Weizen, stieg der Weizenpreis um 16 Prozent. Weil gleichzeitig die pakistanische Regierung Verbilligungen von Lebensmitteln reduzierte, nahm gem?ss einem Bericht der Hilfsorganisation Oxfam die Armut zwischenzeitlich um 1,6 Prozent zu.
?Solche Vorkommnisse lassen sich nicht auf der Ebene einzelner L?nder l?sen. Letztlich k?nnten grossfl?chige Extremereignisse die Versorgung mit Nahrungsmitteln auch von uns hier in der Schweiz gef?hrden?, betont Seneviratne.
Der Klimawandel stabilisiere sich nicht, wenn wir uns nicht sehr anstrengten, sagt sie weiter. Im Moment steuern wir auf eine Drei-Grad-Erw?rmung zu. Das Pariser Abkommen strebt eine Obergrenze von 1,5 Grad an. ?Und bereits von dem einen Grad, um das die globale Durchschnittstemperatur seit vorindustrieller Zeit gestiegen ist, sind die Konsequenzen deutlich spürbar?, sagt die ETH-Professorin.