Schneller Lichtdetektor aus zweidimensionalen Materialien
Zwei Arbeitsgruppen der ETH Zürich haben gemeinsam einen neuartigen Lichtdetektor entwickelt. Er besteht aus zweidimensional geschichteten Materialien, die an einen Silizium-Lichtwellenleiter gekoppelt sind. In Zukunft lassen sich mit diesem Ansatz auch Leuchtdioden und Lichtmodulatoren herstellen.
Hochempfindliche Sensoren sowie kleine und schnelle Schalter für Licht sind die Herzstücke der Datenübertragung über optische Glasfasern. In den letzten Jahren wurden diese Telekommunikations-Bauteile immer weiter verbessert, doch wird es zunehmend schwierig, noch mehr aus ihnen herauszuholen. Dazu braucht es die vereinten Kr?fte verschiedener Spezialisierungen, wie zwei Forschungsgruppen der ETH Zürich nun gezeigt haben.
Wissenschaftler um die Professoren Jürg Leuthold vom Institut für Elektromagnetische Felder und Lukas Novotny vom Institut für Photonik haben gemeinsam mit Kollegen des National Institute for Material Science in Tsukuba (Japan) einen ?usserst schnellen und empfindlichen Lichtdetektor entwickelt, der auf dem Zusammenspiel von neuartigen zweidimensionalen Materialien und nanophotonischen Lichtleitern beruht. Ihre Ergebnisse wurden kürzlich im Fachjournal Nature Nanotechnology ver?ffentlicht.
Zweidimensionale Materialien
?In unserem Detektor wollten wir die Vorteile verschiedener Materialien ausnutzen und deren jeweilige Beschr?nkungen überwinden,? erkl?rt Nikolaus Fl?ry, Doktorand in Novotnys Gruppe. ?Das geht am besten, indem man eine Art künstliches Kristall – auch Heterostruktur genannt - aus jeweils nur wenige Atome dünnen Schichten herstellt. Ausserdem interessierte uns, ob der Hype um solche zweidimensionalen Materialien für praktische Anwendungen wirklich gerechtfertigt ist. ?
In zweidimensionalen Materialien, wie etwa Graphen, bewegen sich Elektronen nur in einer Ebene anstatt in drei Raumdimensionen. Dadurch ?ndern sich ihre Transporteigenschaften, etwa wenn eine elektrische Spannung angelegt wird, grundlegend. W?hrend sich allerdings Graphen nur bedingt für optische Anwendungen eignet, sind Verbindungen aus ?bergangsmetallen wie Molybd?n oder Wolfram und Chalkogenen wie Schwefel oder Tellur (abgekürzt als TMDC bezeichnet) sehr lichtempfindlich und lassen sich zudem leicht mit Silizium- Lichtleitern kombinieren.
Zusammenspiel der Ans?tze
Die Expertise für die Lichtleiter und Hochgeschwindigkeits-Optoelektronik kam dabei aus der Arbeitsgruppe von Jürg Leuthold. Ping Ma, Senior Scientist der Gruppe, betont, dass es das Zusammenspiel der beiden Ans?tze war, die den neuen Detektor m?glich machten: ?Das Verst?ndnis sowohl der zweidimensionalen Materialien als auch der Wellenleiter, über die das Licht in den Detektor eingespeist wird, war für das Gelingen fundamental.
Gemeinsam haben wir erkannt, dass sich zweidimensionale Materialien besonders gut zur Kombination mit Silizium-Lichtleitern eignen. Da haben sich die Spezialisierungen unserer Gruppen perfekt erg?nzt. ? So musste einerseits ein Weg gefunden werden, der die normalerweise recht langsamen TMDC-basierten Detektoren schneller macht. Andererseits musste der Detektor optimal an die Silizium-Strukturen gekoppelt werden, mit denen das Ger?t zum Beispiel an eine Glasfaser angeschlossen wird.
Schnelligkeit durch vertikale Struktur
?Das Problem der Geschwindigkeit haben wir gel?st, indem wir eine vertikale Heterostruktur aus einem TMDC – in unserem Fall Molybd?n-Ditellurid - und Graphen herstellten,? sagt Fl?ry. Anders als in herk?mmlichen Detektoren müssen sich dadurch Elektronen, die von eintreffenden Lichtteilchen angeregt werden, nicht erst eine dicke Lage des Materials durchqueren, bis sie gemessen werden k?nnen. Stattdessen sorgt die zweidimensionale TMDC-Schicht dafür, dass die Elektronen nach oben oder unten in kürzester Zeit das Material verlassen.
Je schneller das geht, desto gr?sser ist die Bandbreite des Detektors. Diese gibt an, mit welcher Frequenz in Lichtpulsen kodierte Daten empfangen werden k?nnen. ?Wir hatten gehofft, mit unserer neuen Technologie ein paar Gigahertz an Bandbreite zu schaffen – tats?chlich haben wir 50 Gigahertz erreicht,? so Fl?ry. Bislang war mit TMDC-Detektoren weniger als ein Gigahertz Bandbreite m?glich.
Die optimale Kopplung des Lichts wiederum wurde durch eine direkte Integration des Detektors in einen nanophotonischen Lichtleiter erreicht. Eine so genannte evaneszente Welle, die seitlich aus dem Lichtleiter austritt, speist die Photonen durch eine Schicht aus Graphen (die für einen niedrigen elektrischen Widerstand sorgt) in die Molybd?n-Ditellurid-Schicht der Heterosktruktur.
Dort regen sie dann Elektronen an, die schliesslich als Strom nachgewiesen werden. Das integrierte Design des Wellenleiters sorgt dafür, dass bei diesem Vorgang genug Licht absorbiert wird.
Technologie mit vielen M?glichkeiten
Die ETH-Forscher sind überzeugt, dass sich mit dieser Kombination aus Wellenleitern und Heterostrukturen nicht nur Lichtdetektoren herstellen lassen, sondern auch andere optische Bauteile wie etwa Lichtmodulatoren, Leuchtdioden und Laser. ?Die M?glichkeiten sind da fast unbegrenzt,? schw?rmen Fl?ry und Ma. ?Mit dem Detektor haben wir uns nur ein Beispiel davon herausgegriffen, was man mit dieser Technologie alles machen kann.?
In naher Zukunft wollen die Wissenschaftler ihre Erkenntnisse nutzen und weitere zweidimensionale Materialien erforschen. Etwa hundert solcher Materialien sind derzeit bekannt, woraus sich zahllose Kombinationsm?glichkeiten für neuartige Heterostrukturen ergeben. Zudem wollen sie weitere physikalische Effekte, wie zum Beispiel Plasmonen, ausnutzen, um damit eine weitere Leistungsverbesserung zu erzielen.
Literaturhinweis
Fl?ry N, Ma P, Salamin Y et al. Waveguide-integrated van der Waals heterostructure photodetector at telecom wavelengths with high speed and high responsivity. Nature Nanotechnology 15, 118–124 (2020). externe Seite https://doi.org/10.1038/s41565-019-0602-z