Das Schmetterlingsprinzip genutzt
ETH-Forschende erzeugen Farben, indem sie bestimmte Nanostrukturen 3D-drucken, die sie einem Schmetterling abgeschaut haben. Mit diesem Prinzip k?nnen künftig Farbbildschirme hergestellt werden.
Für ihre neue Technologie liessen sich die Wissenschaftler aus der Gruppe von Andrew deMello, Professor für Biochemie-Ingenieurwesen, von Schmetterlingen inspirieren: Die Flügel der im tropischen Afrika vorkommenden Art Cynandra opis erscheinen in brillanten Farben. Erzeugt werden diese Farben durch extrem feine regelm?ssige Oberfl?chenstrukturen im Gr?ssenbereich der Wellenl?nge von sichtbarem Licht. Die Strukturen lenken Lichtstrahlen ab und verst?rken so einzelne Farbanteile des Lichts beziehungsweise l?schen andere Anteile aus. Den Forschenden um deMello ist es gelungen, die Oberfl?chenstrukturen von Cynandra opis sowie weitere davon abgewandelte Strukturen mit einem Nano-3D-Drucker zu reproduzieren. Damit schufen sie ein einfach anzuwendendes Prinzip der Herstellung von sogenannten Strukturfarben.
In der Natur gibt es zahlreiche Beispiele solcher Strukturfarben, darunter solche, die auf unregelm?ssige Oberfl?chenstrukturen zurückzuführen sind – etwa bei anderen Schmetterlingsarten. ?Die regelm?ssigen Nanostrukturen auf den Flügeln von Cynandra opis waren besonders gut geeignet, um sie mittels 3D-Druck nachzustellen?, erkl?rt Xiaobao Cao, ehemaliger Doktorand in deMellos Gruppe und Erstautor der Studie. Die Cynandra-opis-Strukturen bestehen aus zwei übereinanderliegenden und rechtwinklig zueinander angeordneten Lagen von Gitterrosten mit einem Gitterabstand von rund einem halben bis einem Mikrometer.
Ganze Farbpalette
Durch Variation dieses Gitterabstands und der H?he der Gitterst?be im Gr?ssenbereich von 250 Nanometern bis 1,2 Mikrometern l?sst sich die Farbe variieren, wie die ETH-Forschenden zeigen konnten. So war es ihnen m?glich, mithilfe des 3D-Drucks alle Farben des sichtbaren Spektrums herzustellen. Darunter sind viele Farben, die beim natürlichen Vorbild nicht vorkommen.
Den Forschenden gelang es, die Oberfl?chen mit unterschiedlichen Materialien herzustellen, unter anderem mit einem transparenten Polymer. ?Damit war es m?glich, die Struktur von hinten zu beleuchten, um die Farbe hervorzubringen?, erkl?rt Stavros Stavrakis, Wissenschaftler in deMellos Gruppe und Mitautor der Studie. ?Wir haben es damit zum ersten Mal geschafft, alle Farben des sichtbaren Spektrums als Strukturfarben in einem lichtdurchl?ssigen Material zu erzeugen.?
Sicherheitsmerkmal
Im Rahmen der Studie stellten die Wissenschaftler ein Miniaturbild aus verschiedenfarbigen Strukturfarben-Pixeln von 2 mal 2 Mikrometern her. Solche Miniaturbilder k?nnten dereinst als Sicherheitsmerkmal bei Banknoten und anderen Dokumenten eingesetzt werden. Weil die Farben mit transparentem Material hergestellt werden k?nnen, w?re ausserdem die Herstellung von Farbfiltern für nanotechnologische optische Messger?te m?glich. Dies passt gut zur Hauptforschungst?tigkeit der Gruppe von ETH-Professor deMello, die miniaturisierte Systeme entwickelt für chemische und biologische Experimente, sogenannte Mikrofluidik-Systeme.
Auch eine grossfl?chige Herstellung von Nanostrukturen sei denkbar, sagen die Forschenden. Würde man mittels 3D-Druck eine Negativstruktur als Vorlage herstellen, k?nnte man damit eine grosse Anzahl von Abdrucken herstellen. Somit k?nnte sich das Prinzip für die Produktion von hochaufl?senden Farbbildschirmen eignen – etwa von dünnen biegbaren Bildschirmen. Und schliesslich k?nnten laut den Wissenschaftlern in Farben zum Drucken und Malen die heute verwendeten Farbpigmente durch solche Strukturfarben ersetzt werden. Strukturfarben haben gegenüber Pigmentfarben einige Vorteile: Sie sind langlebig, weil sie bei Lichteinstrahlung nicht ausbleichen, und ausserdem haben sie in den meisten F?llen eine bessere Umweltbilanz.
Literaturhinweis
Cao X, Du Y, Guo Y, Hu G, Zhang M, Wang L, Zhou J, Gao Q, Fischer P, Wang J, Stavrakis S, deMello A: Replicating the Cynandra opis Butterfly's Structural Color for Bioinspired Bigrating Color Filters, Advanced Materials, 4. Januar 2022, doi: externe Seite 10.1002/adma.202109161