Ein neues Werkzeug für die Nitro-Chemie
”Chemie ist, wenn es stinkt und kracht.“ – Dies assoziieren viele Leute mit Chemie. In der Tat gibt es bei gewissen Chemikalien wie einigen Nitro-Verbindungen Risiken bei der Handhabung. Dmitry Katayev und seine Kollegen haben ein Reagenz erfunden, welches Nitrierungsreaktionen von unterschiedlichen organischen Molekülen sicher, einfach und für jedes Labor zug?nglich macht.
Warum ist die Nitrogruppe wichtig in der Chemie?
Die chemischen Eigenschaften der Nitrogruppe finden eine breite Anwendung. Den meisten Leuten ist sie aufgrund ihrer Explosionskraft in TNT (2,4,6-Trinitrotoluol) bekannt. Aber noch wichtiger ist ihre Anwendung in der medizinischen Chemie. Die Anwesenheit einer Nitrogruppe in einem Medikament kann zum Beispiel eine gewünschte biologische Ver?nderung wie die Erh?hung der Wirksamkeit des Medikamentes herbeiführen. Die Nitrogruppe wird ebenfalls als Vorl?ufer in der Herstellung weiterer organischer Substanzen benutzt, die auf andere Weise nur schwer zu synthetisieren w?ren.
Wo ist nun der Haken bei der Nitrochemie?
Bei der Synthese von Nitroverbindungen gibt es viele Herausforderungen. Typischerweise ist konzentrierte Salpeters?ure, die Tr?ger einer Nitrogruppe ist, ein erforderlicher Ausgangsstoff. Schreckliches Zeug. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Salpeters?ure aufgrund der harten Reaktionsbedingungen das Zielmolekül zerst?rt und zur unerwünschten Bildung von Nebenprodukten führt. Zus?tzlich erzeugt dieser Prozess nicht gewollten chemischen Abfall.
K?nnt Ihr eine Alternative anbieten?
Wir haben in unserer Gruppe ein Reagenz basierend auf der Struktur von Saccharin entwickelt, welches seine Nitrogruppe unter sehr milden Bedingungen auf ein Zielmolekül übertr?gt. Das Reagenz ist kostengünstig, lagerungsbest?ndig, sicher und einfach in der Handhabung. Wir haben es bereits für die Nitrierung von Steroiden, Vanillin und Ibuprofen benutzt – nur um einige zu nennen. Die Reaktionsausbeuten waren exzellent.
Was ist der Anwendungsbereich Eures Reagenz?
Unser Reagenz kann die Nitrogruppe auf Benzol-?hnliche Moleküle übertragen, die in der medizinischen Chemie sehr verbreitet sind. Der herausstechende Aspekt ist jedoch die Vielseitigkeit unseres Reagenzes. In einer mehrstufigen Synthese müssen Chemiker sehr genau planen, in welcher Reihenfolge sie welches Reagenz anwenden, da es zu unerwünschten Nebeneffekten kommen kann. Müssen wir zum Beispiel konzentrierte Salpeters?ure für die ?bertragung der Nitrogruppe einsetzen, so tun wir dies so früh wie m?glich. Auf diese Weise haben wir ein noch relativ einfaches Zielmolekül und weniger Risiko, unerwünschte Nebenprodukte zu generieren. Mit unserem Reagenz hingegen sind wir frei, die Nitrogruppe auch zu einem sp?teren Zeitpunkt auf das Zielmolekül zu übertragen, da die Reaktionsbedingungen mild und unerwünschte Nebenprodukte nicht zu erwarten sind. Diese sp?te Funktionalisierung eines Zielmoleküls ist ein wichtiges Werkzeug für Chemiker.
Was kommt als n?chstes?
Es war eine grossartige Gelegenheit für mich, an der ETH Zürich inmitten von enthusiastischen und leidenschaftlichen Leuten zu arbeiten. Mein n?chster Karriereschritt bringt mich an das Chemiedepartement der Universit?t Fribourg (CH), wo ich ab Januar 2021 als SNSF Assistenzprofessor arbeite. Ein Teil unserer Forschung wird sich weiterhin auf die Nitro-Chemie konzentrieren. Im Hinblick auf Umweltvertr?glichkeit und Skalierung auf industrielle Produktionsvolumen w?re es besonders interessant, die Synthese des Reagenzes zu verfeinern. In diesem Zusammenhang würde ich mich freuen, mit industriellen Kollaborationspartnern in Kontakt zu kommen, um diese Herausforderung gemeinsam anzugehen.
Kontakt / Links:
Publikationen
zum Patent angemeldet
Calvo R., Zhang K., Passera A., Katayev D., “Facile access to nitroarenes and nitroheteroarenes using N-nitrosaccharin”, Nature Commun. 2019, 10, 3410. externe Seite https://doi.org/10.1038/s41467-019-11419-y
Zhang K., Budinská A., Passera A., Katayev D., “N-?Nitroheterocycles: Bench-?Stable Organic Reagents for Catalytic Ipso-?Nitration of Aryl-? and Heteroarylboronic Acids” Org. Lett. 2020, 22, 2714-2719. externe Seite https://doi.org/10.1021/acs.orglett.0c00671
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